Auf dem Mars gab es einst einen überraschend erdähnlichen Süßwassersee: Das ruhige Gewässer bot nicht nur hunderttausende Jahre lang flüssiges Wasser und milde Bedingungen, in ihm fanden sich auch die wichtigsten Elemente für frühes Leben – Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Schwefel, Stickstoff und Phosphor. Das zeigen jüngste, jetzt in „Science“ veröffentlichte Analysen des Marsrovers Curiosity im Gale Krater.
Dass der Mars einst lebensfreundlichere Bedingungen bot, gilt mittlerweile als sicher. Offen blieb aber bisher die Frage, ob auch die anderen Zutaten für die Entstehung von Leben auf dem Roten Planeten existierten. Denn flüssiges Wasser und milde Temperaturen allein reichen dafür noch nicht. „Eine für Mikroorganismen belebbare Umwelt benötigt auch eine Energiequelle für den Stoffwechsel der Mikroben, außerdem die Elemente Kohlstoff, Wasserstoff, Stickstoff und Phosphor“, erklären J. Grotzinger vom California Institute of Technology in Pasadena und seine Kollegen. Denn aus diesen elementaren Bausteinen sind die wichtigsten Biomoleküle aufgebaut.
Tongestein entpuppt sich als alter Seegrund
Nach genau diesen Bausteinen und Spuren einer lebensfreundlichen Umgebung sucht der Marsrover Curiosity zurzeit im Gale Krater auf dem Mars. Fündig geworden ist das rollende Marslabor nun in der sogenannten Yellowknife Bay, einem Gebiet, in dem geschichtete Sedimentgesteine darauf hindeuteten, dass hier einst ein Gewässer existierte. Analysen von Gesteinsproben haben diese Vermutung nun bestätigt – und auch Informationen darüber geliefert, wie dieser Lebensraum einst aussah.
Wie sich zeigte, besteht mindestens eine der Gesteinsschichten der Yellowknife Bay aus Tongestein, das einst wahrscheinlich am Grund eines Sees oder langsam fließenden Gewässers abgelagert wurde. Dieser See war wahrscheinlich mindestens vier Quadratkilometer groß, möglicherweise sogar noch größer. Die Dicke der Tonschicht deutet zudem darauf hin, dass dieses Gewässer zehntausende, vielleicht sogar hunderttausende Jahre lang existierte.
Weder sauer noch salzig
Fast noch wichtiger aber: Weitere Analysen ergaben, dass dieser See damals kein saures, salziges oder chemisch aggressives Habitat war, wie sonst für den Mars typisch, sondern im Gegenteil sehr lebensfreundlich: Es handelte sich um einen Süßwassersee mit nahezu neutralen pH-Wert, einem geringen Salzgehalt und zahlreichen auch in vielen irdischen Gewässern vorkommenden Mineralen. Auch die wichtigen Molekülbausteine Kohlstoff, Wasserstoff, Stickstoff und Phosphor fanden sich hier reichlich.
„Die Geochemie und Mineralogie deuten auf eine urzeitliche Umwelt hin, die für eine weite Spanne von prokaryotischen Organismen bewohnbar gewesen ist“, berichten Grotzinger und seine Kollegen. Auf der Erde würde ein solcher See ideale Bedingungen für sogenannte chemolithoautotrophe Mikroben bieten. Diese Einzeller nutzen einfache chemische Verbindungen wie Schwefelwasserstoff um daraus ihre Energie und Nährstoffe zu gewinnen.
Lebensfreundliche Bedingungen länger als gedacht
„Es ist wichtig zu betonen, dass wir keine Spuren von Leben gefunden haben“, sagt Sanjeev Gupta, einer der beteiligten Forscher vom Imperial College London. „Wir konnten aber zeigen, dass im Gale Crater mindestens einmal in seiner langen Geschichte ein See entstanden ist, der Leben hätte ermöglichen können.“ Diese Erkenntnis sei ein gewaltiger Schritt in der Erforschung des Mars.
„Das Überraschende daran ist nicht nur, dass Yellowknife Bay Belege für eine lebensfreundliche Umgebung konserviert hat, sondern auch, dass diese nach Mars-Maßstäben noch sehr spät existierte“, konstatieren die Forscher. Sie datieren die Tonschicht auf ein Alter von maximal 3,6 Milliarden Jahren, möglicherweise aber auch nur 3,2 Milliarden. Das aber würde bedeuten, dass die Zeit, in der flüssiges Wasser, ein neutraler pH und milde Bedingungen in der Frühzeit des Mars länger andauerten als bisher angenommen. (Science, 2013; doi: 10.1126/science.1242777)
(Science, 10.12.2013 – NPO)