Vor den Küsten der Kontinente liegen gewaltige Reservoire sauberen Süßwassers – verborgen unter dem Meeresgrund. Sie könnten den Wasserbedarf einiger Regionen über Jahrzehnte decken helfen. Diese bisher unterschätzten Grundwasser-Vorräte stammen noch aus dem Eiszeitalter und blieben bis heute durch Ton- und Sedimentschichten geschützt erhalten, wie australische Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.
Für die Versorgung mit Trinkwasser ist Grundwasser eine der wichtigsten Ressourcen. Für viele Regionen mit kaum Regen, Seen oder Flüssen ist das in unterirdischen Schichten gespeicherte Süßwasser sogar die einzige Wasserquelle. Doch vielerorts ist diese Ressource knapp geworden – das Grundwasser ist wegen Überentnahme abgesunken oder aber verschmutzt. Australische Forscher haben nun eine bisher unterschätzte weitere Quelle für frisches Grundwasser entdeckt: den Meeresboden vor den Küsten.
Überraschend große Vorkommen
Dass auch in den Kontinentalschelfen Grundwasservorkommen existieren können, war schon länger bekannt. Bisher dachte man jedoch, dass diese Vorkommen nur unter ganz bestimmten Bedingungen entstehen und daher selten und klein sind. Doch Vincent Post von der australischen Flinders University und seine Kollegen haben nun nach systematischer Suche Gegenteiliges belegt. Vor den Küsten von Australien, China, Nordamerika und Südafrika stießen sie auf unerwartet große Süßwasser-Reservoire unter dem Meeresboden.
„Das Volumen dieser Wasserressource ist hundertmal größer als die gesamte Wassermenge, die wir seit 1900 aus Brunnen an Land gefördert haben“, erklärt Studienleiter Vincent Post von der australischen Flinders University. „Diese neuentdeckten Vorräte könnte einige Regionen über Jahrzehnte mit Wasser versorgen.“ Die Existenz von Süß- und Brackwasserreservoiren unter dem Meeresboden sei demnach ein durchaus häufiges Phänomen.
Erbe des Eiszeitalters
Gebildet wurden diese Süßwasserreserven im Eiszeitalter während der letzten hunderttausende von Jahren. Damals lagen die Meeresspiegel meist deutlich niedriger als heute, so dass Teile des Kontinentalschelfs als Landfläche freilagen. Wenn es damals regnete, sickerte das Wasser in den Untergrund und füllte die wasserführenden Schichten auf – wie noch heute auf den Landflächen. „Als dann vor rund 20.000 Jahren die Eiskappen schmolzen und die Meeresspiegel wieder stiegen, wurden diese Gebiete wieder vom Ozean bedeckt“, erklärt Post. Wasserdichte Schichten aus Ton und Sediment schützten diese unterirdischen Reservoire davor, durch einsickerndes Meerwasser zu versalzen.
„Dieses Süßwasser unter dem Meer ist nicht salzig, es kann daher leichter zu Trinkwasser aufbereitet werden als das Meerwasser durch Entsalzung“, so Post. Angezapft werden könnten diese Reservoire entweder durch Bohrplattformen oder aber durch Bohrung von Land oder vorgelagerten Inseln aus. Solche Bohrungen sind zwar teurer als normale Trinkwasserbrunnen. Nach Ansicht des Forschers könnte sich dieser Aufwand aber in einigen Regionen lohnen, wenn man ihn an den Kosten für Entsalzung von Meerwasser oder anderen Wassergewinnungsmaßnahmen in wasserarmen Gebieten misst.
Haushalten ist ratsam
„Süßwasser auf unserem Planeten ist zunehmend Mangelware, daher ist die Entdeckung von signifikanten neuen Vorräten vor den Küsten sehr aufregend“, so der Forscher. „Denn es bedeutet, dass es mehr Optionen gibt, um Dürren und kontinentale Wasserknappheit zu mildern.“
Allerdings warnt Post davor, diese neuen Ressourcen zu verschwenden, denn sie seien nicht erneuerbar: „Sind sie einmal erschöpft, werden sie nicht wieder aufgefüllt werden, bis der Meeresspiegel erneut stark sinkt – was wir wohl für eine sehr lange Zeit nicht erleben werden.“ Daher sei es auch dringend notwendig, beim Anbohren dieser Reservoire besondere Vorsicht walten zu lassen. Auch bei Gas- oder Ölbohrungen sollte darauf geachtet werden, solche Wasserreservoire nicht versehentlich anzubohren und zu kontaminieren. (Nature, 2013, doi: 10.1038/nature12858)
(Flinders University, 09.12.2013 – NPO)