Paläontologie

Forscher entdecken das älteste Großkatzen-Fossil

Schädelfund im Himalaya wirft neues Licht auf die Evolution von Löwe, Tiger und Co

So könnte die Urzeit-Großkatze ausgesehen haben © Mauricio Antón

Löwe, Tiger und Co sind älter als gedacht: Forscher haben in Tibet das zwischen rund sechs und vier Millionen Jahre alte Fossil einer frühen Großkatze entdeckt. Der urzeitliche Schädel gehört einer zuvor unbekannten Art an und ist der bisher älteste Vertreter dieser Katzengruppe. Sie muss sich demnach bereits deutlich früher von den Kleinkatzen getrennt haben als bisher angenommen, so die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the Royal Society B“.

Löwen, Tiger, Leoparden, Jaguare und Schneeleoparden gehören zur Unterfamilie der Großkatzen (Pantherinae). Kriterium für die Zugehörigkeit zu dieser Katzengruppe ist allerdings entgegen ihrer Bezeichnung nicht die Größe. Denn einige andere große Raubkatzen wie der Puma und der Gepard zählen nicht dazu. Das gemeinsame Merkmal der Großkatzen sind morphologische Details wie der Bau des Zungenbeins. Sich mit Gebrüll Gehör zu verschaffen, ist ebenfalls typisch für die geschmeidigen Räuber.

Klar war bisher bereits, dass sich die Vorfahren der heutigen Großkatzen irgendwann vom Ast der Kleinkatzen (Felinae) abgespalten haben, zu denen auch die Hauskatze gehört. Genetische Vergleiche deuteten darauf hin, dass diese evolutionäre Auftrennung vor etwa 6,4 Millionen Jahren stattgefunden hat. Wo, war allerdings unklar. Und auch Fossilbelege für die frühesten Vertreter der urzeitlichen Großkatzen fehlten. Der bisher älteste fossile Nachweis einer Großkatze stammte aus Afrika. Es handelte sich um Zahnfragmente, die etwa 3,6 Millionen Jahre alt sind.

Schädelfund im Himalaya

Der neue Fund ist dem scharfen Auge von Jack Tseng vom American Museum of Natural History in New York und seiner Frau Juan Liu zu verdanken. Die beiden entdeckten den Schädel als sie eine Fossilienlagerstätte im Grenzgebiet zwischen China und Pakistan durchstöberten. Zwischen hunderten von Knochen, die durch die Erosion eines alten Kliffs freigelegt wurden, stießen sie auf die leicht beschädigten, aber vollständigen Überreste der urzeitlichen Großkatze. „Sie lag einfach inmitten des ganzen Durcheinanders“, sagt Tseng.

Anatomische Merkmale des im Himalaya gefundenen Schädels © Tseng et al., /Proceedings of the Royal Society B

Drei Jahre lang analysierten die Forscher anschließend die anatomischen Feinheiten des Schädels und auch seine DNA. Dann waren sie sicher: Es handelte sich um eine neue, zuvor unbekannte Großkatzenart. Und: Das Panthera blytheae getaufte Fossil ist zwischen 5,95 und 4,10 Millionen Jahre alt.

Wie die Forscher berichten, ähnelte die Urzeit-Großkatze einem heutigen Schneeleopard. Diese Großkatzenart lebt heute noch im Gebiet des Himalaya und ist rund 1,30 Meter lang und bis zu 75 Kilogramm schwer. Panthera blytheae war wohl nicht ganz so groß – sein Schädel ist etwa zehn Prozent kleiner als der eines Schneeleoparden.

Trennung von den Kleinkatzen deutlich früher

Das hohe Alter des Fossils macht Panthera blytheae nicht nur zur ältesten bekannten Vertreter der Großkatzen. Es wirft auch ein neues Licht auf die Evolution dieser Katzengruppe. „Der Fund deutet darauf hin, dass Wurzeln der Großkatzen weiter in die Vergangenheit zurückreichen als bisher angenommen“, sagt Tseng. Denn wenn es vor knapp sechs Millionen Jahren bereits diese eindeutig zu den Großkatzen gehörende Art gab, muss die Abtrennung von den Kleinkatzen deutlich früher stattgefunden haben, als es selbst die Gen-Analysen nahelegen. Tseng und seine Kollegen schätzen, dass diese Verzweigung im Stammbaum vielleicht sogar schon vor rund zwölf Millionen Jahren geschah – sieben Millionen Jahre früher als bisher gedacht.

Die Entdeckung des Fossils scheint auch zu klären, wo die Großkatzen ursprünglich entstanden sind. Denn

der Fundort liegt in einem Gebiet, in dem heute noch die Verbreitungsgebiete der meisten Großkatzen überlappen. Die Forscher schließen daraus, dass sich diese Katzengruppe einst in Zentralasien entwickelte und sich dann von dort aus ausbreitete. Die Forscher wollen nun zu der Fundstelle zurückkehren, um nach weiteren Fossilien zu stöbern. Vielleicht lässt sich das Puzzle um die Evolutionsgeschichte der Katzen ja noch weiter vervollständigen. (Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 2013; doi: 10.1098/rspb.2013.2686)

(University of Southern California / Royal Society, 13.11.2013 – MVI/NPO)

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