Astronomie

Um jede fünfte Sonne kreist eine Erde

Statistische Auswertung von Daten des Kepler-Teleskops ermöglicht Berechnung erdähnlicher Exoplaneten

Darstellung von Planeten innerhalb der habitablen Zone um einen Stern, anhand der vom Kepler-Teleskop gemessenen Daten © University of California, Berkeley

Wie viele der Sterne am Nachthimmel haben Planeten, die der Erde ähneln und lebensfreundliche Bedingungen bieten? Diese Frage sollte das Kepler-Weltraumteleskop beantworten. Vier Jahre lang hat Kepler Daten gesammelt und dabei tausende Kandidaten für Planeten in fremden Sternsystemen entdeckt. Ein Team von US-Astronomen hat die Kepler-Daten statistisch ausgewertet und daraus die wahrscheinliche Entfernung zu einer zweiten Erde berechnet. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Magazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“.

Darstellung von Planeten innerhalb der habitablen Zone um einen Stern, anhand der vom Kepler-Teleskop gemessenen Daten© University of California, Berkeley

Winziges Flackern zeigt Exoplaneten an

Zieht ein Planet aus dem Blickwinkel eines Beobachters an seinem jeweiligen Stern vorbei und verdeckt ihn teilweise, erscheint der Stern dadurch vorrübergehend dunkler. Ungefähr ein Hundertstel von einem Prozent macht dieser Unterschied in der Helligkeit dabei aus. Dieses winzige Flackern ist dennoch messbar und reicht aus, um Exoplaneten mit solchen Messungen nachzuweisen.

Genau solche Daten hat das Weltraumteleskop Kepler vier Jahre lang gesammelt. Alle 30 Minuten machte Kepler Aufnahmen von über 150.000 Sternen in einem festgelegten Himmelsausschnitt im Sternbild Schwan. Über 3.000 mögliche Exoplaneten spürte das Teleskop dabei auf, 603 davon umkreisen einen sonnenähnlichen Stern.

Doch in Wirklichkeit könnte es mehr davon geben, denn Kepler kann nur solche Planeten entdecken, deren Umlaufbahn sie genau zwischen Stern und Teleskop vorbei führt. Nur aus dem passenden Blickwinkel lässt sich die schwankende Helligkeit tatsächlich beobachten. Wiederum andere Planeten sind möglicherweise zu klein oder ihre Sterne zu dunkel, als das sie sich so nachweisen ließen. Außerdem ist es möglich, dass die Umlaufzeit eines Planeten so lang ist, dass er innerhalb der Beobachtungszeit schlicht nicht zu sehen war. Ein große Zahl tatsächlich existierender Planeten bleibt also verborgen.

Was macht einen Planeten bewohnbar?

Die entscheidende Frage ist aber: Wie viele dieser Exoplaneten könnten günstige Bedingungen für Leben bieten? Wie viele sind echte „Erdzwillinge“? Bei der Diskussion dieser Exoplaneten fallen immer wieder Begriffe wie „erdähnlich“, „lebensfreundlich“, „bewohnbar“ oder „zweite Erde“. Was aber macht einen solchen Planeten aus?

Umkreist der Planet seinen Stern in zu großer Entfernung, herrschen dort eisige Temperaturen. Kommt der Planet dem Stern dagegen zu nah, wird er geröstet. Beides gleichermaßen unwirtliche Bedingungen für Leben. Dazwischen liegt der Bereich, den die Astronomen als „bewohnbare Zone“ bezeichnen. Innerhalb dieser Zone herrschen auf dem Planeten milde Durchschnittstemperaturen, die flüssiges Wasser ermöglichen. Flüssiges Wasser gilt als Grundvoraussetzung, damit sich nach unserem Verständnis Leben entwickeln kann.

Volkszählung extrasolarer Planeten

Lage der habitablen Zone und der Kepler-62-Planeten © MPI für Astronomie

Lediglich zehn der von Kepler entdeckten Planeten bezeichnen Astronomen als erdähnlich, also von vergleichbarer Größe wie die Erde und innerhalb der bewohnbaren Zone eines sonnenähnlichen Sterns kreisend. Um herauszufinden, wie repräsentativ diese Zahl für unsere Milchstraße ist, haben Erik Petigura von der University of California in Berkeley und seine Kollegen nun die Kepler-Daten genutzt, um daraus die statistische Häufigkeit von erdähnlichen Planeten in der habitablen Zone um ihre Sterne zu ermitteln. Große Gasplaneten, vergleichbar mit Jupiter und Saturn, filterten die Astronomen dabei aus. Sie beschränkten sich auf Planeten mit etwa der halben bis doppelten Größe der Erde.

„Was wir tun ist eine Volkszählung extrasolarer Planeten, aber wir können nicht an jede Tür klopfen,“ sagt Petigura. Mit ausgefeilten Computeralgorithmen berechnen er und seine Kollegen daher die Menge der von Kepler unerfassten Planeten.

Das besondere im Vergleich zu früheren derartigen Auswertungen ist, wie gründlich die Astronomen um Petigura ihre Filter-Algorithmen überprüften. Um aus den vorhandenen Daten noch präziser die Zahl der unentdeckten Planeten abschätzen zu können, fügten die Forscher den Datensätzen fiktive Planeten hinzu. Dann testeten sie, wie viele dieser Planeten sie tatsächlich wieder auffinden konnten. Mit all diesen Daten und Korrekturen konnten sie schließlich die Menge der erdähnlichen Planeten berechnen.

Rund zehn Milliarden erdähnliche Exoplaneten

Das Ergebnis: 22 Prozent, also etwas mehr als ein Fünftel aller sonnenähnlichen Sterne haben Planeten von erdähnlicher Größe in bewohnbarer Entfernung. Wiederum etwa ein Fünftel aller 200 Milliarden Sterne in der Milchstraße ähneln unserer Sonne. Daraus schätzen die Astronomen eine Zahl von rund zehn Milliarden erdähnlichen Exoplaneten in unserer Galaxie.

Anhand dieser Ergebnisse streben die Astronomen nun direkte Aufnahmen eines solchen Planeten an. Vorrausichtlich müssen sie dabei, nach astronomischen Maßstäben, gar nicht so weit entfernt suchen: Der nächstgelegene Stern mit einer möglichen zweiten Erde wäre nach dieser statistischen Berechnung weniger als zwölf Lichtjahre von uns entfernt, und mit bloßem Auge am Nachthimmel zu sehen.

(PNAS, 2013; doi: 10.1073/pnas.1319909110)

(University of California, Berkeley, 06.11.2013 – AKR)

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