Vor 28 Millionen Jahren ereigenete sich über der Wüste Nordafrikas eine gewaltige Explosion: Ein Komet zerplatzte in der Atmosphäre und zerschmolz große Teile des Wüstensands zu Glas. Ein kleines schwarzes Gesteinsbröckchen aus Ägypten liefert dafür den entscheidenden Beleg. Es ist zugleich der erste Nachweis eines Kometeneinschlags überhaupt, wie die Forscher im Fachmagazin „Earth and Planetary Science Letters“ berichten.
Die Erde ist im Laufe ihrer langen Geschichte schon oft Zielscheibe für kosmische Geschosse gewesen. Davon zeugen Meteoritenkrater und andere Relikte solcher Einschläge. Die meisten von ihnen wurden vom Impakt eines Asteroiden erzeugt, eines kompakten Brockens aus Gestein oder Eisen. Doch rein theoretisch müsste unser Planet auch schon häufiger von Kometen getroffen worden sein – nach Schätzungen von Astronomen könnten sie sogar bis zu einem Drittel aller Treffer ausmachen. Doch bisher fehlte ein eindeutiger Beweis eines solchen Treffers.
Ein Grund dafür: Kometen gleichen eher schmutzigen Schneebällen als kompakten Gesteinsbrocken. Das sorgt zwar für einen prachtvollen sChweif, wenn sie der Sonne näher kommen, gleichzeitig aber verwischt es ihre Spuren bei einem Einschlag. Denn dringt ein solcher eher instabiler Himmelskörper in die Erdatmosphäre ein, zerbricht und verglüht er meist schon in der Atmosphäre. Es bleibt kein tiefer, deutlich erkennbarer Krater zurück wie bei vielen größeren Asteroiden – und meist auch keine größeren Fragmente des Kometen. Das macht den Nachweis solcher „Schneeball-Treffer“ extrem schwer.
Verdächtiges Glas im Wüstensand
Doch jetzt hat ein Team von Forschern um Jan Kramers von der University of Johannesburg erstmals doch einen Beleg für einen Kometeneinschlag auf der Erde entdeckt. Es handelt sich dabei um ein unscheinbar schwarzes Gesteinsbröckchen, dass ägyptische Geologen vor ein paar Jahren in der Wüste Südwest-Ägyptens entdeckt hatten. Der Brocken lag in mitten eines 6.000 Quadratkilometer großen Gebiets, in dem auffällig viele Partikel aus gelblichem Silikatglas vorkamen – Tröpfchen aus geschmolzenem Sand, die typischerweise nur durch starke Hitze entstehen. Ein Glaspartikel aus diesem Streufeld hatten Archäologen sogar an der Mumie des ägyptischen Pharaos Tutanchamun entdeckt: das gelbe Glas war in eine Brosche in Skarabäus-Form eingearbeitet.
Schon seit längerem vermuteten Forscher, dass ein Meteoriteneinschlag dieses Silikatglas erzeugt haben könnte. Um Genaueres über dieses Streufeld und seine Ursache herauszufinden, analysierten Kramers und seine Kollegen nun das inmitten des Glases gefundenen schwarze Gesteinsbröckchen. Sie bombardierten dazu Proben des Gesteins mit Röntgenstrahlen, Laser, untersuchten es im Elektronenmikroskop und unterzogen es verschiedenen chemischen Analysen.
Schockdiamanten im Kometenfragment
Mit überraschendem Ergebnis: Die Zusammensetzung des Materials glich keinem der bekannten Asteroidentypen und auch irdisch konnte es nicht sein. Dafür aber zeigte es erstaunliche Ähnlichkeiten mit Kometenstaub, den die NASA-Sonde Stardust im Jahr 2006 vom Kometen Wild 2 zurückbrachte. „Das ist wissenschaftliche Euphorie, wenn man alle anderen Optionen eliminiert hat und dann realisiert, um was es sich handeln muss“, beschreibt Kramers den Moment der Erkenntnis.
Unter anderem fanden die Forscher im Gesteinsbröckchen amorphes, kohlenstoffhaltiges Material, das zudem noch winzige Diamanten enthielt. „Normalerweise bilden sich Diamanten tief in der Erde, wo der Druck sehr hoch ist“, erklärt Kramers. „Aber man kann diesen hohen Druck auch durch einen Schock erzeugen – beispielsweise bei einem Einschlag.“ Und genau dies ist nach Ansicht des Forschers auch vor rund 28 Millionen Jahren über der Wüste Ägyptens passiert.
Explosion über der Wüste
Ihr Szenario: Der Komet trat in die Atmosphäre ein und wurde durch die Reibung mit der Luft so stark abgebremst und aufgeheizt, dass er explodierte. Der größte Teil des Kometen verdampfte dabei vermutlich. Doch kleine Fragmente überstanden dies, Teile ihres kohlenstoffhaltigen Materials wurden dabei durch die Schockwelle zu Diamanten komprimiert. Am Boden heizte die Explosion den Sand der Wüste bis auf rund 2.000 Grad auf und produzierte das Streufeld aus gelbem Silikatglas, dessen Reste noch heute im Südwesten Ägyptens gefunden werden.
„Noch nie zuvor in der Geschichte wurde Material von einem Kometen auf der Erde gefunden“, konstatiert Koautor David Block von der University of the Witwatersrand. Stattdessen haben die NASA und ESA Milliarden von Dollar ausgegeben, um ein paar Mikrogramm von Kometenstaub zu sammeln und zur Erde zurückzubringen. Jetzt zeige sich, dass es Kometenmaterial sehr wohl auch auf unserem Planeten gibt – und damit quasi frei Haus geliefert. Dies eröffne ganz neue Möglichkeiten, diese „schmutzigen Schneebälle“ aus der Frühzeit des Sonnensystems näher zu erforschen. (Earth and Planetary Science Letters, 2013; doi: 10.1016/j.epsl.2013.09.003)
(University of Witwatersrand, 09.10.2013 – NPO)