Das erste Leben könnte früher entstanden sein als gedacht. Denn Forscher haben jetzt festgestellt, dass die Uratmosphäre schon vor rund drei Milliarden Jahren Sauerstoff enthielt – und zwar so viel, dass dieser von lebenden Organismen erzeugt worden sein muss. Das aber bedeutet, dass es schon 600 Millionen Jahre früher als bisher angenommen erste Blaualgen in den Urozeanen gegeben haben muss, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.
Der gängigen Theorie nach war die Uratmosphäre der Erde zumindest in den ersten zwei Milliarden Jahren alles andere als bekömmlich für höheres Leben: Ihr fehlte die entscheidende Zutat, die wir und die meisten anderen Tiere zum Leben benötigen – Sauerstoff. Der Sauerstoffgehalt lag damals vermutlich bei weniger als einem Hunderttausendstel des heutigen Werts von rund 20 Prozent. Erst vor rund 2,3 Milliarden Jahren änderte sich dies im sogenannten Great Oxidation Event, einem plötzlich Schub von Sauerstoff, der wahrscheinlich durch die Photosynthese der ersten Blaualgen im Urozean verursacht wurde.
Sauerstoff schon 600 Millionen Jahre früher
Jetzt aber hat ein Forscherteam um Sean A. Crowe von der Universität von Süd-Dänemark in Odense Belege dafür gefunden, dass die Uratmosphäre schon deutlich früher Sauerstoff enthielt. Entdeckt haben sie diese bei der Analyse von Gesteinen aus der Pongola Supergroup in Südafrika. Diese eisenriechen Sediment wurden vor rund drei Milliarden Jahren am Grund küstennaher Flachmeere abgelagert. Die Isotopen-Verteilung der Chromatome in diesen Gesteinen und ihr Gehalt an bestimmten, leicht oxidierbaren Elementen – sogenannten redox-sensitiven Elementen – erlauben Rückschlüsse auf die damaligen Bedingungen und auch auf den Sauerstoffgehalt der damaligen Atmosphäre.
Die Analysen ergaben, dass schon vor mehr als drei Milliarden Jahren ausreichend Sauerstoff präsent gewesen sein muss, um eine chemische Verwitterung der redox-sensitiven Elemente auszulösen. Und auch die Isotopenzusammensetzung von Chrom und die Variation der Uran-Gehalte in den untersuchten Proben deuten darauf hin, dass der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre damals höher war als bisher angenommen. „Wir schätzen die Werte auf mindestens 0,03 Prozent der heutigen Konzentration“, berichten die Forscher.
Evolution erster Cyanobakterien früher als gedacht?
Obwohl immer noch sehr gering, ist dieser Sauerstoffgehalt für die damaligen Zeit überraschend hoch. Und: Er verschiebt das erste Auftreten signifikanter Sauerstoffgehalte in der Erdatmosphäre um etwa 600 Millionen Jahre nach vorne. Das aber hat auch Bedeutung für unser Bild der Entstehung des Lebens und der ersten Organismen. Denn mit abiotischen Prozessen sind so hohe Sauerstoffgehalte kaum erklärbar.
Die Ergebnisse von Crowe und seinen Kollegen deuten daher darauf hin, dass schon vor drei Milliarden Jahren Organismen auf der Erde existiert haben könnten, die Photosynthese betrieben und Sauerstoff produzierten. „Das würde bedeuten, dass Cyanobakterien zu dieser Zeit schon existierten – und damit 300 bis 400 Millionen Jahre früher als bisher angenommen“, erklären die Forscher. (Nature, 2013; doi: 10.1038/nature12426)
(Nature, 27.09.2013 – NPO)