Polarlichter sind nicht nur ein faszinierendes Himmelsschauspiel, ihre Farbe und Höhe verrät auch einiges über den Sonnenwind und die Erdatmosphäre. Jetzt haben Forscher eine neue, verblüffend einfache Methode entdeckt, um die Höhe der Polarlichter zu vermessen: Mit Hilfe ganz normaler Fotos, die von verschiedenen Standorten aus aufgenommen wurden. Der große Vorteil: Das ist nicht nur einfach, es bietet auch die Möglichkeit, dass sich jeder an dieser Forschung beteiligen kann.
Polarlichter entstehen, wenn geladene Teilchen des Sonnenwinds auf obere Atmosphäre treffen und dort Atome der atmosphärischen Gase anregen und zum Leuchten bringen. Über welche Höhen sich eine solche Aurora erstreckt, ist dabei ganz unterschiedlich, sie können zwischen 90 und 400 Kilometer hoch sein. Die Höhe kann Polarlichtforschern wertvolle Informationen über die Energie der beteiligten Elektronen liefern. Um sie zu messen, waren bisher vor allem spezielle Observatorien oder Beobachtungen von Satelliten aus nötig. Jetzt aber haben japanische und US-amerikanische Forscher eine sehr viele einfachere Methode entdeckt: ganz normale Fotos.
Planetarium lieferte die Idee
Die Idee kam den Forschern, als sie Fotos von Polarlichtern in einem Planetarium zeigten, die sie zuvor mit normalen digitalen Spiegelreflex-Kameras aufgenommen hatten. „Die Aurora war in diesen Aufnahmen wunderbar in 3D zu sehen. Ich war daher zuversichtlich, dass es möglich sein müsste, ihre Höhe anhand solcher Bilder zu berechnen“, erklärt Ryuho Kataoka vom National Institute of Polar Research in Tokyo. Das Entscheidende bei dieser Methode: Es müssen zwei Aufnahmen zur gleichen Zeit von einem Polarlicht erstellt werden – und diese möglichst von Standorten ein paar Kilometer voneinander entfernt.
Denn auch in unserem normalen Sehen entsteht der dreidimensionale Eindruck durch den Abstand unserer beiden Augen. Sie nehmen das betrachtete Objekt daher aus leicht unterschiedlichen Blickwinkeln wahr. Das Gehirn kann aus dieser sogenannte Parallaxenverschiebung ermitteln, wie weit das Objekt entfernt ist und wie tief es ist – es entsteht ein räumlicher Eindruck.
Möglichkeit für „Citizen Science“
Nach diesem Prinzip funktioniert auch die Höhenmessung der Polarlichter: Für den Test postierten die Forscher zwei ganz normale Kameras mit Superweitwinkel-Objektiv („Fischauge“) an zwei acht Kilometer voneinander entfernten Standorten in Alaska. Mit beiden nahmen sie ein Foto des gleichen Polarlichts auf und registrierten die Aufnahmeposition mittels GPS. Die beiden Aufnahmen kombinierten die Wissenschaftler zu einer 3D-Aufnahme, aus der sich die Höhe die Aurora ermitteln lässt. „Indem wir die Parallaxen der beiden Aufnahmen vergleichen, können wir mittels Triangulation den Abstand zu Aurora und damit deren Höhe errechnen“, erklärt Kataoka.
Zum ersten Mal sei es so gelungen, die Höhe eines Polarlichts nur anhand normaler Fotos zu ermitteln. Der große Vorteil: Die Technik kostet nicht viel Geld und erlaubt es Forschern, auch kleinere Polarlichter oder deren Ausläufer auf diese Weise zu vermessen. Und: Sie ermöglicht es auch Laien, den Forschern bei ihrer Arbeit zu helfen – Stichwort Citizen Science. „Ich überlege, eine Website einzurichten, auf der Fotografen aus der ganzen Welt ihre Polarlichtaufnahmen einstellen können“, sagt Kataoka. Da es heute ohnehin schon oft üblich ist, Standort und genaue Zeit beim Fotografieren mit aufzuzeichnen, könnte das der Auroraforschung helfen. (Annales Geophysicae, 2013; in press)
(European Geosciences Union (EGU), 09.09.2013 – NPO)