Nach den Fröschen und Kröten sind jetzt auch die Salamander dran: Seit 2010 grassiert eine mysteriöse Krankheit unter Feuersalamandern in den Niederlanden. Die Ursache der tödlichen Seuche hat jetzt ein internationales Forscherteam entdeckt: Ein hoch infektiöser, parasitischer Pilz befällt die Tiere und tötet sie in Rekordzeit. Woher der unbekannte Erreger kommt und welche Amphibien er außer den Feuersalamandern noch befällt, ist bisher unbekannt. Um die Bestände zu schützen, müsse man schnellstens mehr herausfinden, warnen die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
Feuersalamander (Salamandra salamandra) gehören zu den auffälligsten Vertretern der Amphibien: Ihre gelb-schwarze Hautmusterung macht sie weithin sichtbar. In Deutschland wie auch in vielen Nachbarländern gilt dieser Salamander als besonders schützenswert oder sogar gefährdet. SO auch in den Niederlanden. Umso gravierender ist es daher, dass dort seit 2010 immer häufiger tote Feuersalamander gefunden werden. Eine geheimnisvolle Krankheit raffte einen Großteil dieser Amphibien hinweg. „Inzwischen, im Jahr 2013, sind nur noch vier Prozent der ursprünglichen Population übrig geblieben“, erklären An Martel von der Universität Ghent in Belgien und seine Kollegen.
Unbekannter Pilz als Auslöser
Schon bei Beginn der rätselhaften Epidemie machten sich Forscher auf die Suche nach der Ursache der Krankheit, aber zunächst vergeblich. Sie fanden keinen der bisher bei Amphibien bekannten Erreger. Auch ein Test auf den Pilz Batrachochytrium dendrobatidis, der ein weltweites Sterben von Fröschen und Kröten verursacht, blieb negativ. Martel und seine Kollegen suchten daher in ihrer Studie gezielt nach Spuren eines noch unbekannten Erregers. Dazu analysierten sie Haut-und Organproben gestorbener Feuersalamander sowohl mikroskopisch als auch genetisch und legten zudem Kulturen von Proben an, um mögliche pathogene Bakterien oder Pilze zu züchten.
Tatsächlich wurden die Forscher fündig: In den Proben entdeckten sie eine zuvor unbekannte Pilzart. Diese entpuppte sich als Verwandter des bereits bekannten Amphibienkillers B. dendrobatidis, unterscheidet sich jedoch in vielen Punkten deutlich von ihr. So gedeiht der Batrachochytrium salamandrivorans – Salamanderfresser – getaufte Pilz schon bei Temperaturen zwischen 5 und 15 Grad Celsius. Er kann damit unter sehr viel kühleren Bedingungen überleben und sich vermehren als der bisher bekannte Amphibienpilz.
Hoch infektiös und zu hundert Prozent tödlich
Versuche zeigen, dass der neue Pilz hoch infektiös und nahezu hundertprozentig tödlich ist: Setzten die Forscher fünf Feuersalamander den Sporen dieses Pilzes aus, wurden alle infiziert. Schnell entwickelten sie Hautläsionen, wurde apathisch und später setzten Lähmungen ein. Rund sieben Tage später waren alle Tiere tot. Auch zwei Tiere, die nur im gleichen Terrarium wie zwei infizierte Salamander saßen, steckten sich an und starben drei Wochen später ebenfalls.
„In vielen Regionen, darunter auch in Nordeuropa, schienen Amphibien bisher mit dem schon bekannten Amphibienpilz B. dendrobatidis koexistieren zu können“, erklärt Martel. „Umso besorgniserregender ist es, dass jetzt ein neuer Pilz aufgetaucht ist, der ein Massensterben in Gebieten auslöst, wo die Populationen bisher noch gesund waren.“ Es sei nun dringend nötig, die Biologie dieses Pilzes und vor allem seine Virulenz genauer zu untersuchen. So ist bisher noch unklar, ob auch andere Amphibienarten gefährdet sind.
Ursprung und Verbreitung der Seuche unbekannt
Warum der Pilz 2010 plötzlich begann, in den Niederland zu grassieren und wo er herkommt, ist bisher ebenfalls noch ungeklärt. „Es ist uns ein völliges Rätsel, warum wir diesen Ausbruch gerade jetzt haben“, sagt Koautor Matthew Fisher vom Imperial College London. Die Forscher vermuten, dass er aus einer anderen Region eingeschleppt worden sein muss – woher, wissen sie noch nicht. Denn weil die Überwachung sich bisher nur auf den schon bekannten Pilz konzentriert, gibt es für die Verbreitung des neuen noch keine Daten.
„Unsere Erfahrungen mit B. dendrobatidis haben gezeigt, dass sich Pilzkrankheiten rasant unter den Amphibien-Populationen der Welt ausbreiten können“, so Fisher. „Wir müssen schnellstens handeln, um festzustellen, welche Populationen in Gefahr sind und wie wir sie am besten schützen können.“ Immerhin ein kleines Aufatmen gibt es: Zumindest bisher scheinen die Feuersalamander im benachbarten Belgien noch nicht betroffen. Stichproben haben dort bisher keine Hinweise auf kranke oder tote Tiere ergeben. Die Epidemie könnte daher noch auf die Niederlande beschränkt sein – wie lange noch, ist allerdings die Frage. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2013, doi: 10.1073/pnas.1307356110)
(Imperial College London / PNAS, 03.09.2013 – NPO)