Neurobiologie

Gehirn verarbeitet jede Musik anders

Welches Musikgenre wir gerade hören, lässt sich an unserem Gehirn ablesen

Welche Musik wir hören, verrät das Muster unserer Hirnaktivität © Paul Wedig

Ob wir gerade Vivaldi, Blues oder die Beatles hören, lässt sich an unserem Gehirn ablesen. Denn je nach Musikart werden ganz unterschiedliche Kombinationen von Hirnarealen im Denkorgan aktiv, wie ein Experiment zeigt. Besonders deutlich war dabei der Unterschied zwischen Instrumentalmusik und Liedern mit Text: Bei letzteren wandert das Zentrum der Aktivität auf die rechte Hirnseite, berichtet ein internationales Forscherteam im Fachmagazin „NeuroImage“.

Wenn wir Musik hören, wird nicht nur unser primäres Hörzentrum aktiv, sondern gleich ein ganzes Netzwerk von verschiedenen Hirnarealen. Kein Wunder: Musik weckt schließlich auch eine ganze Fülle an Erinnerungen, Assoziationen und nicht zuletzt Gefühlen. Ob und wie sich das Muster der Aktivität auch zwischen verschiedenen Musikgenres unterscheidet, hat nun ein Team von finnischen, dänischen und britischen Forschern untersucht.

Vivaldi, Miles Davis und die Beatles

Für ihre Studie spielten sie 15 Probanden jeweils mehrere unterschiedliche Musikstücke vor, darunter Ausschnitte aus einem Vivaldi-Konzert, ein Jazzstück von Miles Davis, Blues, einen argentinischen Tango und ein Stück von den Beatles. Während die Teilnehmer der Musik lauschten, zeichneten die Forscher ihre Hirnaktivität mittels der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) auf. Zur Auswertung ermittelten sie die verschiedene Merkmale der Musikstücke – darunter Timbre, Rhythmus und Tonart – und setzen diese in Beziehung zu den aktivierten Hirnarealen.

Unterschiede und Parallelen in der Hirnaktivität bei Vivaldi, den Beatles und Tangomusik: rote Stellen zeigen Übereinstimmungen bei Vivaldi und Tango, grüne bei Tango und den Beatles. © Vinoo Alluri / Petri Toiviainen

Das Ergebnis: Wie erwartet, gibt es einige Areale, die von allen Musikarten aktiviert werden. Darunter sind Bereiche in der Hörrinde, dem Emotionen verarbeitenden limbischen System, aber auch im motorischen Cortex – dem für Bewegungen zuständigen Teil des Gehirns. Aber auch Teile im Stirnhirn und im sogenannten Cingulum wurden bei den Probanden aktiv, wie die Forscher berichten. Diese nutzen wir, um beispielsweise ästhetische Urteile zu fällen und auch um über Wahrgenommenes zu reflektieren.

Songs werden anders verarbeitet als Instrumentalstücke

Aber es gab auch Unterschiede zwischen den Musikgenres: Besonders komplexe Musikstücke lösten eine höhere Aktivität im rechten Schläfenlappen aus, das jeweilige Muster unterschied sich zudem je nach Musiktyp. Ob die Probanden gerade Beatles oder Vivaldi hörten, konnten die Forscher daher ohne Schwierigkeiten allein am Gehirn erkennen.

Und noch etwas fiel auf: Handelte es sich um Musik mit Text, also beispielsweise um einen Popsong, verschob sich die Aktivität stärker in die rechte Hörrinde. Offenbar geschehe die Verarbeitung von Musik zunächst vorwiegend in der linken Hirnhälfte, durch die Texte werde dies aber verlagert, mutmaßen die Forscher. „Unsere Methode liefert ein leistungsstarkes Instrument, um die Reaktion des Gehirns auf Musik und andere Klänge zu identifizieren und abzulesen“, erklärt Studienleiter Vinoo Alluri von der Universität von Jyväskylä in Finnland.

(Suomen Akatemia, 08.08.2013 – NPO)

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