Durch die zunehmende Erwärmung wird das arktische Meereis nicht nur immer weniger – es wird auch dunkler. Dadurch wirft es weniger Sonnenlicht ins All zurück, seine sogenannte Albedo – Rückstrahlkraft – sinkt. Die Folge: Das Eis, aber auch die gesamte Atmosphäre heizen sich stärker auf. Diese Rückkopplung sei bisher in den Klimamodellen unterschätzt worden, berichten finnische Forscher im Fachmagazin „Nature Climate Change“.
Die Albedo der großen Eisflächen ist ein wichtiger Regulator im Klimasystem unseres Planeten. Denn die großen hellen Gebiete vor allem in den Polarregionen werfen bis zu 85 Prozent des eingestrahlten Sonnenlichts wieder zurück. Am besten reflektiert dabei frischer, weißer Schnee, aber auch schneefreies Eis wirft noch rund 40 Prozent des Sonnenlichts zurück. Im Gegensatz dazu reflektieren Wasser oder dunkler Boden weniger als zehn Prozent des Lichts.
Positive Rückkopplung mit enormer Klimawirkung
Die Verteilung von Eis und eisfreien Gebieten hat daher einen großen Einfluss auf die Strahlungsbilanz der Erde und damit auch auf das globale Klima. Dabei wirkt sie wie eine positive Rückkopplung: Je mehr Eis da ist, desto kühler wird es und desto mehr Eis kann sich folglich bilden. Umgekehrt aber verursacht eine sinkende Albedo – beispielsweise durch schwindendes Meereis – eine Klimaerwärmung, die dann auch die Eisflächen noch weiter abtauen lässt. In den letzten Jahren häufen sich die Negativrekorde bei der sommerlichen Eisschmelze im Nordpolarmeer, immer größere Wasserflächen bleiben eisfrei.
So weit, so bekannt. Aku Riihelä und seine Kollegen vom finnischen Meteorologischen Institut in Helsinki haben nun aber nicht die sinkende Albedo durch immer mehr offene Wasserflächen untersucht, sondern sie wollten wissen, ob und wie sich die Albedo der verbleibenden Meereisflächen verändert. Dafür werteten sie Satellitendaten aus, die zwischen 1982 und 2009 mit dem „Advanced Very High Resolution Radiometer“ (AVHRR) an Bord des europäischen Wettersatelliten Metop aufgenommen waren. Um gezielt nur die Albedo der Meereisflächen zu vergleichen, schlossen die Forscher sowohl Landflächen als auch größere Bereiche mit offenem Wasser aus ihren Analysen aus.
Viele Löcher und dunklere Oberfläche
Das Ergebnis: Auch in scheinbar noch intakten Meereisflächen ist die Albedo in den letzten knapp 30 Jahren signifikant gesunken, wie die Wissenschaftler berichten. Am stärksten sei die Verringerung des Reflektionsvermögens dabei jeweils im August, dem jährlichen Höhepunkt der Eisschmelze. „Die Albedo im arktischen Ozean wird nicht nur durch das zurückgehende Meereis beeinflusst, sondern auch durch die Veränderungen des Eises selbst“, so Riihelä und seine Kollegen.
Aber was genau verändert sich bei den Meerflächen? Die Forscher führen die sinkende Albedo vor allem auf zwei Gründe zurück: Zum einen öffnen sich auch innerhalb der großen Eisflächen immer häufiger kleinere offene Stellen und Spalten. Diese sind dunkler als die Umgebung und senken so die Reflektivität. Zum anderen aber sorgt das Tauwetter dafür, dass die Schneedecke auf dem Eis im Frühjahr immer früher abschmilzt und dass Schmelzwasserseen auf der Eisoberfläche entstehen. Da Schnee mehr Licht zurückwirft als blankes Eis, und flüssiges Schmelzwasser ebenfalls eine geringere Albedo besitzt, reflektieren die Eisflächen auch dadurch immer weniger Licht. Das Meereis wird quasi dunkler.
„Die verringerte Albedo ist damit sowohl Ursache als auch Folge der klimabedingten Veränderungen beim Meereis“, konstatieren die Forscher. Diese Erkenntnis sei wichtig auch für die Prognosen der künftigen Klimaentwicklung und helfe, die Klimamodelle weiter zu verbessern. (Nature Climate Change, 2013: doi: 10.1038/nclimate1963)
(Nature, 05.08.2013 – NPO)