Dass Feinstaub ungesund ist, ist nichts Neues. Jetzt aber zeigt sich: Selbst bei Konzentrationen unterhalb der europäischen Grenzwerte erhöht der Feinstaub das Risiko für Lungenkrebs – pro zehn Mikrogramm mehr um 22 Prozent. Das ergaben die Auswertungen der bisher größten europaweiten Studie zu diesem Thema. Und: Ein unterer Schwellenwert, ab dem Feinstaub ungefährlich ist, ließ sich nicht feststellen, so das internationale Forscherteam im Fachmagazin „The Lancet Oncology“.
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Luftverschmutzung durch Feinstaub entsteht durch Autoabgase, Verbrennungsprozesse in der Industrie und Hausbrand. Je kleiner die Feinstaubpartikel sind, desto eher werden sie über die Atemwege aufgenommen und können bis in die Lunge und Blutbahn gelangen. In Europa dürfen Feinstaubteilchen mit einem Durchmesser von bis zu zehn Mikrometern (PM10) einen Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht überschreiten. Im Rahmen der Studie „European Study of Cohorts for Air Pollution Effects“ (ESCAPE) hat nun ein internationales Forscherteam untersucht, ob und wie sich auch Feinstaubwerte unterhalb des europäischen Grenzwerts auf das Risiko für Lungenkrebs auswirken.
Dafür werteten die Forscher Daten aus 17 europäischen Kohortenstudien mit insgesamt über 300.000 Probanden aus. Ziel der Forscher war es, die durchschnittliche Konzentration von Feinstaub und Stickoxiden möglichst genau zu bestimmen und diese Werte dann mit der Häufigkeit von Krebsfällen zu vergleichen. Deshalb waren dafür in verschiedenen europäischen Studienzentren spezielle Messstationen aufgebaut worden. Eventuelle Störfaktoren wie das Rauchen, die Ernährung und der soziale Status wurden bei der statistischen Auswertung berücksichtigt.
Klar erhöhtes Risiko auch unterhalb des Grenzwerts
Das Ergebnis der Studie ist eindeutig: Bereits eine Feinstaubkonzentration unterhalb des europäischen Grenzwerts erhöht die Wahrscheinlichkeit, an Lungenkrebs zu erkranken. Ein Zusammenhang zwischen der Stickoxidkonzentration und Krankheitsfällen ließ sich dagegen nicht nachweisen, wie die Forscher berichten. Bereits eine um zehn Mikrogramm erhöhte Konzentration von PM10-Teilchen führe zu einem um 22 Prozent erhöhten Lungenkrebsrisiko. Besonders oft wurde ein so genanntes Adenokarzinom diagnostiziert – ein Krebs, der auch bei Nichtrauchern auftritt.
„Wir können allerdings keinen Schwellenwert für eine Gesundheitsgefährdung durch Feinstaub festlegen“, sagen Gudrun Weinmayr und Gabriele Nagel von der Universität Ulm, die für die Auswertung der Daten aus Österreich zuständig waren. „Generell gilt, auch unter 40 Mikrogramm pro Kubikmeter: Je weniger, desto besser.“
Bei der ESCAPE-Studie haben hochrangige Experten aus ganz Europa zusammengearbeitet. „Aus den Kohorten und Umweltmessungen ist eine einzigartige Datensammlung entstanden. Ungenauigkeiten vorheriger Studien konnten entscheidend verbessert werden“, so Nagel. In Folgeprojekten soll nun zum Beispiel der Zusammenhang zwischen Feinstaubkonzentration und kardiovaskulären Erkrankungen sowie Magenkrebs untersucht werden. (The Lancet Oncology, 2013; doi: 10.1016/S1470-2045(13)70279-1)
(Universität Ulm, 01.08.2013 – NPO)