Genetik

Auch Bären tragen Retroviren im Erbgut

Virus schleuste sich vor 45 Millionen Jahren in die Gene der Bärenvorfahren ein

Auch Eisbär Knut trug endogene Retorviren in seinem Erbgut © Zoo Wuppertal

Knut hatte sie und auch die Großen Pandas in China und weltweit: Bären tragen ähnlich wie wir Menschen endogene Retroviren mit sich herum. Diese Viren schleusten sich vor 45 Millionen Jahren bei ihren Vorfahren in das Erbgut ein und blieben bis heute dort erhalten. Beim Menschen stehen einige endogenen Retroviren im Verdacht, Krankheiten auszulösen, die bei den Bären entdeckten Varianten sollen aber zumindest nicht infektiös sein, so die Forscher im Fachmagazin „Virology“.

Endogene Retroviren (ERV) sind Viren, die sich einst in das Genom von Keimzellen ihres Wirts eingebaut haben. Von da an werden sie von einer Generation an die nächste vererbt – und damit auch über Jahrtausende hinweg an neu entstehende Arten. „Solche von Retroviren abstammenden Sequenzen machen etwa acht Prozent des menschlichen Erbguts aus“, erläutert Jens Mayer vom Institut für Humangenetik an der Universität des Saarlandes. Endogene Retroviren finden sich aber nicht nur bei Menschen, sondern auch bei anderen Säugetieren, wie zum Beispiel bei Pferden, Rindern, Affen und Koalabären.

Virus schleuste sich beim Vorfahren aller Bären ein

Ob auch Eisbären und Pandas solche Retroviren in ihrem Erbgut tragen und welche, haben Mayer und sein Kollegen nun näher untersucht. Dafür analysierten sie unter anderem das Erbgut des Eisbären Knut und des im Berliner Zoo lebenden Pandabären Bao Bao. „Wir haben hierbei die Abschnitte des endogenen Retrovirus bei beiden Bärenarten charakterisiert und dabei zum Beispiel eine starke Ähnlichkeit der Sequenzen festgestellt, was auf eine enge Verwandtschaft hindeutet“, berichtet Mayer.

Auch bei weiteren Bärenarten wie dem Braun-, Schwarz- und Brillenbär konnten die Forscher solche Sequenzen nachweisen. Weitere Vergleiche ergaben, dass das Retrovirus vor ungefähr 45 Millionen Jahren bei einem gemeinsamen Vorfahren der heutigen Bärenarten eingeschleust haben muss. Interessant sei darüber hinaus die Tatsache, dass diese in Bären gefundenen Viren starke Ähnlichkeit mit verschiedenen im menschlichen Erbgut vorkommenden endogenen Retroviren aufweisen. „Beim Menschen stehen manche dieser Sequenzen im Verdacht, bei der Entstehung von Krebs, neurodegenerativen oder Autoimmunerkrankungen eine Rolle zu spielen“, weiß Mayer.

Umfangreiche Erbgutanalysen in verschiedenen Wildtierarten, wie sie in dieser Studie zum Einsatz kamen, helfen Wissenschaftlern zum einen dabei, die Evolution der Retroviren besser zu verstehen, zum anderen erhält man Erkenntnisse darüber, welche verschiedenen Retroviren vor Jahrmillionen welche Tiergruppen infiziert haben. Darüber hinaus können die gewonnenen Daten auch wertvolle Erkenntnisse zur Entwicklungsgeschichte der Säugetiere liefern.

Die Forscher nutzten hierbei verschiedene Methoden der Analyse von DNA-Sequenzen, unter anderem modernste Techniken des Next Generation Sequencing. Hierbei handelt es sich um Verfahren zur hocheffizienten DNA-Sequenzierung. (Virology, 2013; doi: 10.1016/j.virol.2013.05.008)

(Universität des Saarlandes und Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), 05.07.2013 – NPO)

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