Klima

Luftverschmutzung hemmt Hurrikans

Vom Menschen freigesetzte Aerosole bremsten die Bildung von Wirbelstürmen über dem Atlantik

Hurrikan Sandy - wird es dank sauberer Luft bald mehr davon geben? © NASA/Norman Kuring

Feinstaub und Abgase in der Luft sind nicht gesund. Aber offenbar haben wir es genau dieser Luftverschmutzung zu verdanken, dass es im 20. Jahrhundert nicht noch mehr zerstörerische Hurrikans gab. Denn wie britische Forscher herausfanden, unterdrücken die anthropogenen Aerosole die Bildung von Wirbelstürmen über dem Atlantik. Das aber bedeutet auch, dass unsere Bemühungen zur Luftreinhaltung fatale Nebenwirkungen haben: Seitdem die Luft über dem Nordatlantik wieder sauberer wird, nehmen auch die Stürme wieder zu, berichten die Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscience“. Und dieser Trend könnte sich in Zukunft sogar noch verstärken.

Wird es durch den Klimawandel künftig mehr Wirbelstürme im Atlantik geben? Diese Frage ist weniger einfach zu beantworten als gedacht. Zwar sprechen viele Klimasimulationen dafür und Beobachtungen zeigen auch, dass die Zahl der Hurrikans und Stürme seit den 1980er Jahren leicht zugenommen hat. Aber diese Daten können nicht erklären, warum die Sturmhäufigkeit im Rest des 20. Jahrhunderts keinen eindeutigen Trend zeigt und eher unregelmäßig schwankt. Auch die Meerestemperaturen – ein wichtiger Motor für die Sturmentstehung – bewegten sich in diesem Zeitraum auf und ab.

Natürliche Klimaschwankung oder menschlicher Einfluss?

Schon länger ist bekannt, dass zumindest ein Teil dieser Variabilität auf die nordatlantische Oszillation zurückgeht – eine natürliche, im Laufe mehrerer Jahre wiederkehrende Schwankung der Luftdruckverhältnisse über dem Ozean. „Bisher war aber unklar, wie groß der Anteil einerseits dieser natürlichen Variabilität des Klimasystems ist und andererseits der von äußeren Faktoren wie den Treibhausgasen, Staub oder Aerosole“, erklären Nick Dunstone und seine Kollegen vom Hadley Centre des britischen Met Office in Exeter.

Um die Rolle dieser Faktoren zu untersuchen, führten die Forscher mehrere Simulationen mit verschiedenen Klimamodellen durch. Sie reproduzierten dabei die Klimaentwicklung von 1860 bis 2050. In jedem der Durchgänge ließen sie jeweils einen oder mehrere der möglichen Einflussfaktoren weg und prüften, wie sich dies auf die Sturmhäufigkeit auswirkte. Ziel war es dabei, die Kombination von Einflussfaktoren zu finden, die die in den letzten rund 150 Jahren beobachtete Entwicklung der Wirbelstürme am besten reproduziert.

Anthropogene Aerosole als dominanter Faktor

Das Ergebnis der Simulationen war eindeutig: Die meisten Faktoren hatten nur einen vergleichsweise geringen Einfluss auf das Sturmgeschehen, wie die Forscher berichten. Nicht so die anthropogenen Aerosole – also die vom Menschen durch Verkehr und Industrie abgegebenen Schwefel- und Feinstaubaerosole: Froren die Wissenschaftler deren Wert auf dem Stand von 1860 ein, wich die Simulation extrem von der Wirklichkeit ab. Ließen sie diesen Einflussfaktor dagegen drin und entfernten nur andere Faktoren, blieb die Übereinstimmung mit den Beobachtungen erhalten.

„Das zeigt, dass die anthropogenen Aerosole der Schlüsselfaktor sind“, konstatieren Dunstone und seine Kollegen. Ihre Entwicklung zeige eine starke Korrelation mit den Stürmen in allen Modellen und Durchgängen. Auch physikalisch ist dies plausibel, wie die Forscher erklären. Denn ein dichterer Aerosolschleier schirmt die Sonneneinstrahlung ab und lässt so die Meeresoberfläche abkühlen. Hurrikans können aber erst ab mindestens 27 Grad Celsius Wassertemperatur entstehen, die Bedingungen werden daher bei verschmutzter Luft für sie ungünstiger.

Historische Schwankungen der Sturmhäufigkeit erklärt

Der jetzt entdeckte Zusammenhang erklärt nach Angaben der Forscher auch die bisher eher rätselhaften Schwankungen der Sturmhäufigkeit im 20. Jahrhundert. Denn im Gegensatz zu Treibhausgasen, die mehr als 80 Jahre in der Atmosphäre bleiben, halten sich die Schwebstoffe nur rund 12 bis 15 Tage. Änderungen in den Emissionen dieser Aerosole wirken sich daher sehr zeitnah aus.

Tatsächlich zeige die Sturmhäufigkeit eine klare, parallel zu historischen Ereignissen und Einschnitten verlaufende Variabilität: Geringe Emissionen von Schwebstoffen gab es den Forschern zufolge beispielsweise während der beiden Weltkriege und während der Wirtschaftskrise der 1920er Jahre. In dieser Zeit sank auch die Anzahl der Wirbelstürme deutlich ab. Anfang des Jahrhunderts und nach dem Zweiten Weltkrieg kurbelte der wirtschaftliche Aufschwung dagegen die Emissionen an, in dieser Zeit lag auch die Sturmhäufigkeit leicht über dem langjährigen Durchschnitt.

Saubere, aber stürmische Zukunft

Seit 1980 allerdings weist der Sturmtrend fast nur in eine Richtung: nach oben. „Die starke Abnahme der anthropogenen Aeosole über den Nordatlantik hat Ende des 20. Jahrhunderts die Häufigkeit der Stürme ansteigen lassen“, so Dunstone und seine Kollegen. Verantwortlich dafür seien unter anderem strengere Emissionsbestimmungen in den USA und in Europa seit Ende der 1970er Jahre. Setzt sich dieser Trend fort, könnte dieser Effekt die Wirkung des Klimawandels und der dadurch steigenden Meerestemperaturen noch verstärken: Wir müssten mit deutlich mehr Wirbelstürmen rechnen als bisher angenommen. (Nature Geoscience, 2013; doi: 10.1038/ngeo1854)

(Nature Geoscience, 24.06.2013 – NPO)

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