Umwelt

Wie viel Weichmacher nehmen wir übers Essen auf?

Studie ermittelt Weichmacher-Belastung der Deutschen über die Nahrung

Ölhaltige Fertiggerichte und fette Soßen enthalten besonders viele Weichmacher © SXC

Über Lebensmittel nehmen wir ständig auch geringe Mengen Weichmacher auf. Wie viel und aus welchen Quellen, hat eine Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) jetzt ermittelt. Das Ergebnis: Bei den meisten Menschen liegt die Belastung mit dem Weichmacher DEHP unter der tolerierbaren Aufnahmemenge. Bei immerhin einem Prozent aber wird dieser Grenzwert überschritten, berichten die Forscher. Die Betroffenen kaufen und essen besonders viele fetthaltige Soßen und Fertiggerichte, die hohe Konzentrationen von Weichmachern enthalten.

DEHP ist die Abkürzung für Di(2-ethylhexyl)phthalat. Die Substanz gehört zu den am häufigsten verwendeten Weichmachern. Sie hält Kunststoffprodukte aus PVC geschmeidig. DEHP wurde von der Europäischen Union, wie einige andere Phthalate auch, als reproduktionstoxisch eingestuft: Es bestehen hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass DEHP durch seine hormonähnliche Wirkung die menschliche Fortpflanzungsfähigkeit beeinflussen und die Entwicklung von Kindern im Mutterleib schädigen kann. In Spielzeug oder Kosmetika darf der Weichmacher daher nicht mehr eingesetzt werden. Messungen im Rahmen des vom Umweltbundesamt von 2003 bis 2006 durchgeführten Kinder-Umwelt-Surveys hatten jedoch bei 1,5 Prozent aller Kinder in Deutschland auf eine erhöhte Aufnahme von DEHP hingewiesen – über welchen Weg sie den Weichmacher aufgenommen hatten, blieb aber unklar.

Ziel der aktuellen Studie war es daher, die Aufnahmemenge der Bevölkerung gegenüber DEHP zu ermitteln und vor allem die Aufnahmepfade zu bestimmen. Dazu sammelten die Forscher Daten der vergangenen 20 Jahre zur Ernährung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Deutschland. Außerdem berücksichtigten sie die verschiedenen Aufnahmepfade über 37 Lebensmittelgruppen, Spielzeug, Verbraucherprodukte aus Kunststoffen wie Schuhe, Kosmetika, Textilien, Hausstaub und die Innenraumluft von Autos.

Ein Prozent nimmt mehr auf als den Grenzwert

Das Ergebnis: Jugendliche und Erwachsene nehmen in Deutschland einen Großteil des Weichmachers über Lebensmittel auf – derzeit durchschnittlich 13-21 Mikrogramm DEHP je Kilogramm Körpergewicht. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat für diesen Weichmacher eine tägliche Menge von maximal 50 Mikrogramm/kg Körpergewicht festgelegt, die ein Leben lang ohne Gesundheitsschäden aufgenommen werden kann (Tolerable Daily Intake, TDI). Bei den meisten Deutschen liegt die Aufnahme des Weichmachers über die Nahrung demnach unter diesem Grenzwert. Sie wird aber nach Schätzung des BfR bei rund einem Prozent der Verbraucher überschritten, da diese besonders viele Lebensmittel mit sehr hohen DEHP-Gehalten verzehren.

Die DEHP-Aufnahme bei Kindern erfolgt dagegen nur etwa zur Hälfte über die Nahrung. Weitere Eintragspfade sind der Hausstaub und Verbraucherprodukte sowie Spielzeug. Das betrifft insbesondere Kinder, die sich viel auf dem Fußboden aufhalten. Sie könne dadurch mehr Weichmacher aufnehmen als Jugendliche und Erwachsene. In der aktuellen Studie lag die mittlere Gesamtexposition für Kinder bei 15-44 Mikrogramm je Kilogramm Körpergewicht und Tag.

Fettige Soßen und Fertiggerichte besonders belastet

Welche Lebensmittel enthalten DEHP? Alle Grundnahrungsmittel wie Fleisch, Fett, Getreide, Obst, Gemüse und Milch bzw. Milchprodukte können mit der Chemikalie belastet sein. Im Vergleich zu loser, unverarbeiteter Ware wiesen in der Studie fetthaltige Würzsoßen wie Mayonnaise und ölhaltige Fertigprodukte wie Gemüse und Fisch aus Gläsern und ölhaltigen Konserven wesentlich höhere DEHP-Werte auf. Das erklärt sich daraus, dass Lebensmittel solche Weichmacher insbesondere während der Verarbeitung oder aus ihrer Verpackung aufnehmen.

2007 wurde daher die Verwendung von DEHP in Verpackungen fetthaltiger Lebensmittel verboten. Ab 2015 darf der Weichmacher nach der EU-Chemikalienverordnung REACH in der EU nicht mehr ohne Zulassung für die Herstellung von Verbraucherprodukten verwendet werden. Da der Stoff jedoch durch Importprodukte weiterhin eingeführt werden darf und in der Umwelt weit verbreitet ist, lässt sich nicht ausschließen, dass Spuren davon in Lebensmitteln vorkommen können.

Essen frisch zubereiten, Marken häufig wechseln

Die Aufnahme von DEHP lässt sich im Alltag mit einfachen Verzehrs- und Hygienemaßnahmen verringern. Hierzu gehört, dass Speisen häufiger frisch zubereitet, wenig Fertigprodukte verwendet sowie Produktmarken öfter gewechselt werden. Denn gleiche Lebensmittel können je nach Herkunft unterschiedliche Mengen an DEHP enthalten. Außerdem empfiehlt es sich, Böden und Teppichböden häufiger zu reinigen.

Für Kleinkinder ist es wichtig, dass sie möglichst nur Sachen in den Mund nehmen, die dafür gedacht sind. Obwohl der Stoff in Spielzeug und Kinderartikeln seit 1999 verboten ist, wird er gelegentlich in solchen Produkten nachgewiesen, wie die Meldungen des europäischen Schnellwarnsystems RAPEX zeigen. Auch älteres Spielzeug, das vor in Kraft treten des Verbots auf den Markt kam, kann DEHP enthalten.

Fragen und Antworten des BfR und des UBA zu Phthalat-Weichmachern

(Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), 08.05.2013 – NPO)

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