Der Mensch ist nicht der einzige, der die schützende Ozonschicht ausdünnt: Auch Vulkanausbrüche können große Mengen ozonschädigender Gase freisetzen. Vor rund 25.000 Jahren trieb dies die Halogenwerte sogar auf das Dreifache der vorindustriellen Werte, wie deutsche Forscher im Fachmagazin „Geology“ berichten. Dass auch zukünftige Eruptionen solche Auswirkungen haben, lässt sich demnach nicht ausschließen.
Mitte der 1980er Jahre schlugen Atmosphären-Forscher Alarm. Sie hatten entdeckt, dass die vor UV-Strahlung schützende Ozonschicht in der Stratosphäre stellenweise stark ausgedünnt war. Auch der Schuldige für dieses Ozonloch war schnell gefunden: Es waren ozonschädigende Fluorchlorkohlenwasserstoffe, die die Menschheit in großen Mengen für verschiedene Industrieprodukte hergestellt und in die Atmosphäre entlassen hatte. Seit dem Verbot dieser Treibgase erholt sich die Ozonschicht langsam.
Auch Vulkane speien Halogene
Prognosen, ob und wann sie wieder einen vorindustriellen Zustand erreicht, sind jedoch schwierig. „Auch die Natur produziert ozonschädigende Stoffe, zum Beispiel Brom- und Chlorverbindungen. Das sind sogenannte Halogene, die sehr gerne mit anderen Substanzen – speziell Ozon – reagieren“, erklärt die Meteorologin Kirstin Krüger vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Eine starke Quelle für Brom- und Chlorverbindungen sind beispielsweise Vulkane.
„Wir wissen, dass diese Verbindungen bei Eruptionen freigesetzt werden“, sagt Steffen Kutterolf, Vulkanologe am GEOMAR. Gemeinsam mit Forschern des Deutschen Elektronen-Synchrotrons (DESY) in Hamburg wollte er daher herausfinden, ob und wie stark Vulkanausbrüche in der Vergangenheit in der Lage waren, die Ozonschicht zu schädigen. „Tatsächlich haben wir herausgefunden, dass große Vulkanausbrüche erheblichen Einfluss auf die Ozonschicht gehabt haben können“, sagt Kutterolf.
Gaseinschlüsse vergangener Eruptionen als Messlatte
Für ihre Untersuchung haben die Wissenschaftler beispielhaft 14 große Vulkanausbrüche ausgewählt, die in den vergangenen 70.000 Jahren auf dem Gebiet des heutigen Nicaragua stattgefunden haben und die explosiv genug waren, Gase bis in die Stratosphäre zu transportieren. Um die bei den Eruptionen freigesetzten Gasmengen zu bestimmen, analysierten die Vulkanologen feinste gasreiche Glaseinschlüsse in Kristallen, die sich bereits vor den Ausbrüchen in den Magmakammern der Vulkane gebildet hatten.
Die Ergebnisse verglichen sie mit abgeschreckter, bereits entgaster Lava, sogenanntem vulkanischen Glas, das sich während der jeweiligen Ausbrüche gebildet hatte. „Aus der Differenz und dem gesamten eruptierten Volumen konnten wir dann die ausgestoßenen Gasmassen berechnen“, beschreibt Co-Autor Thor Hansteen vom GEOMAR die Vorgehensweise. Um auch Spurengase wie Brom oder Chlor präzise messen zu können, nutzten die Forscher erstmals die hochenergetische Strahlung des Deutschen Elektronen-Synchrotrons in Hamburg.
Dreifach höhere Halogenwerte
Die Berechnungen ergaben, dass die Brom- beziehungsweise Chlorkonzentrationen in der Stratosphäre nach den 14 untersuchten Eruptionen durchschnittlich auf das Zwei- bis Dreifache der vorindustriellen Konzentration stiegen. Die Upper Apoyo Eruption entließ beispielsweise vor 24.500 Jahren mindestens 120 Megatonnen Chlor und 600.000 Tonnen Brom in die Stratosphäre. „Das könnte zu einem massiven Ozonabbau geführt haben“, betont Krüger. Der Effekt blieb wohl auch nicht auf die unmittelbare Umgebung der Vulkane beschränkt, sondern könnte große Teile der Erde betroffen haben. Einmal in die Stratosphäre gelangt, werden die Gase dort global weitertransportiert. Vulkanische Gase können bis zu sechs Jahre in der Stratosphäre verweilen, auch wenn die deutlichsten Auswirkungen von großen explosiven Eruptionen innerhalb der ersten zwei Jahre zu beobachten sind.
„Wir wissen jetzt also, dass Vulkaneruptionen in vergangenen Epochen der Erdgeschichte das Potenzial hatten, die Ozonschicht zu schädigen. Als nächstes muss die Forschung herausfinden, wie viel Schaden sie der Ozonschicht tatsächlich zugefügt haben. Dann können wir auch Abschätzungen für zukünftige Eruptionen durchführen“, sagt Kutterolf. (Geology, 2013, doi: 10.1130/G34044.1)
(GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, 06.05.2013 – NPO)