Physik

Physiker entdecken neues subatomares Teilchen

Zufallsfund im Pekinger Beschleuniger wirft neues Licht auch auf ein schon bekanntes Rätselteilchen

Der BES-III-Detektor am Pekinger Institut für Hochenergiephysik © Institute for High Energy Physics (IHEP)

Ein internationales Forscherteam hat ein neues Teilchen entdeckt. Das subatomare Teilchen mit der Bezeichnung Zc(3900) besitzt eine Masse, die ungefähr der eines Helium-Kerns entspricht und hat eine Lebensdauer von nur 10 hoch -23 Sekunden, also Bruchteile einer Milliardstel Mikrosekunde. Der Nachweis des Partikels wirft ein neues Licht auf eine ganze Gruppe von bisher nur ansatzweise erforschten subatomaren Teilchen und hilft, ihre Zusammensetzung näher zu beleuchten. Nachgewiesen wurde das Partikel am Elektron-Positron-Beschleuniger BEPC-II in Peking.

Entdeckt wurde das Teilchen quasi per Zufall. Denn die Wissenschaftler, die Ende Dezember 2012 am BES-III Detektor des Elektron-Positron-Beschleunigers das Experiment durchführten, wollten eigentlich nur ein anderes, bereits bekanntes Teilchen näher untersuchen. Dieses Partikel mit den kryptischen Namen Y(4260) war bereits im Jahr 2005 am SLAC National Laboratory in Stanford in Kalifornien entdeckt worden. Es könnte zu einer Klasse von subatomaren Teilchen gehören, den sogenannten Psi-Teilchen. Diese sind aus einem Charm-Quark und einem Anti-Charm-Quark zusammengesetzt. Quarks sind Elementarteilchen, die in sechs Varianten vorkommen und zusammen mit einer weiteren Teilchensorte die Grundbausteine unserer Materie bilden. Doch die Annahme der Forscher hatte einen entscheidenden Haken: Die Masse des Y(4260)-Teilchens stimmt nicht mit gängigen Vorhersagen für das Spektrum solcher Psi-Teilchen überein.

Überraschender Zerfall des Rätselteilchens

Weil sich der Pekinger Beschleuniger besonders gut eignet, um dieses Partikel entstehen zu lassen, starteten die Forscher dort ein Experiment, um es genauer zu untersuchen. Tatsächlich konnten sie schon zwei Wochen nach Beginn der Messungen dieses bereits bekannte Teilchen in größerer Zahl nachweisen. Überraschend und vollkommen unerwartet aber stellten sie dabei fest, dass Y(4260) in ein möglicherweise noch mysteriöseres Teilchen – Zc(3900) – zerfällt. Dieses besitzt im Gegensatz zu Y(4260) eine elektrische Ladung.

Dies aber gibt den Kernphysikern den entscheidenden Hinweis auch auf die Natur des Ausgangsteilchens. „Dadurch ist eindeutig bewiesen, dass es sich um einen gebundenen Zustand handeln muss, der nicht ausschließlich aus Charm- und Anti-Charm-Quarks besteht“, erläutert Achim Denig vom Institut für Kernphysik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Nach Ansicht der Forscher könnte es sich bei Y(4260) daher um eine neue, bisher noch nicht zweifelsfrei bestätigte Form von gebundener Materie handeln, die als Vier-Quark-Zustand bezeichnet wird. Dabei besitzt das Teilchen neben einem Charm- und einem Anti-Charm-Quark noch zwei weitere Quark-Konstituenten. Solch ein Vier-Quark-Zustand ist in der Theorie der Quantenchromodynamik prinzipiell möglich.

Aus vier Quarks statt nur zweien?

„In der Tat wäre ein Vier-Quark-Zustand eine mögliche Erklärung für das nun gefundene Teilchen Zc(3900).“ Um durch die neuen experimentellen Befunde zu einer tieferen Einsicht in die Eigenschaften der starken Kernkraft zu gelangen, müssen nun präzise theoretische Vorhersagen für die Massen von Zc(3900) und Y(4260) sowie ihrer Verwandten getroffen werden. Aufgrund der neuen Erkenntnisse werden die dedizierten Untersuchungen zu den Y(4260)- und Zc(3900)-Teilchen in Peking um zwei weitere Monate verlängert. „Dies wird uns neue Einblicke in diese hochinteressanten Ergebnisse erlauben. Wir werden uns von Mainz aus intensiv daran beteiligen“, so Denig.

Das BES-III-Experiment wird von rund 350 Physikern von 50 Institutionen aus elf Ländern betrieben. Neben China sind auch die USA, Deutschland sowie weitere europäische und asiatische Länder an diesem Projekt der Hadronen- und Teilchenphysik beteiligt.

(Universität Mainz, 27.03.2013 – NPO)

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