Medizin

Was Fisch so gesund macht

Wissenschaftler entschlüsseln die blutdrucksenkende Wirkung von Omega-3-Fettsäuren

Fisch ist wegen des hohen Gehalts an Omega-3-Fettsäuren sehr gesund. Wie diese Fettsäuren im Körper wirken, das haben Forscher der Uni Jena und des Jenaer Uniklinikums untersucht. © Jan-Peter Kasper/FSU

Bisher war unklar, warum die in Werbung und Gesundheitsratgebern hoch gepriesenen Omega-3-Fettsäuren überhaupt so gesund sind. Forscher haben dies nun nachgewiesen: Die vor allem in Fisch enthaltenen Moleküle führen durch direkte Bindung an einen Ionenkanal zur Weitung der Blutgefäße und so zu einem Abfall des Blutdruckes. Zudem fanden die Forscher heraus, dass ein ähnliches, in Nahrungsergänzungsmitteln eingesetztes Molekül nicht die gewünschte Wirkung erzielt. Das Ersatzmittel ist sogar kontraproduktiv, wie die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ schreiben.

Fisch ist gesund – zumindest wenn er nicht mit Schwermetallen, Dioxinen, Pestiziden oder anderen gesundheitsschädlichen Substanzen kontaminiert ist: Leicht verdaulich und mit einem hohen Gehalt an wertvollen Proteinen gilt Fisch heute als ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung. Ein weiterer Hauptgrund für den Gesundheitseffekt sind auch die reichlich enthaltenen Omega-3-Fettsäuren. Sie kommen vor allem in fettigen Fischen wie Heringen, Lachsen, Sardellen und Makrelen vor. Ihnen werden eine blutdrucksenkende Wirkung, die Stärkung des Immunsystems sowie positive Effekte auf die Entwicklung des Nervensystems und auf das Herz-Kreislauf-System zugeschrieben.

„Bisherige klinische Studien zur Einnahme von Nahrungsergänzungsstoffen mit Omega-3-Fettsäuren zeichneten allerdings kein klares Bild“, sagt Stefan Heinemann von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Vor allem die molekulare Wirkungsweise der Omega-3-Fettsäuren war bisher nicht vollständig verstanden“, so der Biophysiker. Deshalb forschten die Wissenschaftler intensiv an den Hintergründen der positiven Wirkung auf den Organismus. Mit Erfolg: Sie konnten sowohl die die Wirkung auf den Körper bestätigen als auch die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen erstmals beschreiben.

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Wirkung auf Ionenkanal

Das deutsch-amerikanische Team um Heinemann, Michael Bauer und Toshinori Hoshi zeigte, dass der sogenannte „SLO1“ Kaliumkanal ein wichtiges Bindeglied in der Wirkung von Omega-3-Fettsäuren – besonders der Docosahexaensäure (DHA) ist. „Diese Ionenkanäle verhalten sich wie sehr spezifische Rezeptoren für DHA und können durch die Bindung dieser Omega-3-Fettsäure geöffnet werden“, erläutert Heinemann. Bei anderen Omega-3-Fettsäuren, wie der kürzeren Eicosapentaensäure (EPA) oder der aus Pflanzen gewonnenen alpha-Linolensäure (ALA) sei diese Wirkung sehr viel schwächer.

Wie sich Omega-3-Fettsäuren auf SLO1-Kanäle des Herz-Kreislauf-Systems auswirken, haben Bauer und seine Kollegen in Experimenten mit Mäusen untersucht. „Durch die Bindung von Docosahexaensäure sollte es zu einer Weitung der Blutgefäße und somit zu einem Abfall des Blutdrucks kommen“, so der Bauer. Genau diese Wirkung haben die Laborexperimente nun bestätigt. In genetisch modifizierten Mäusen, die den SLO1-Kanal nicht herstellen können, blieb die blutdrucksenkende Wirkung von DHA dagegen aus. „Damit konnte erstmals gezeigt werden, dass DHA einen direkten Einfluss auf den Blutdruck hat, welcher durch SLO1-Kanäle vermittelt wird“, fasst der Mediziner zusammen.

Nahrungsergänzungsmittel kontraproduktiv?

Die Wissenschaftler machten bei ihren Untersuchungen noch eine weitere Entdeckung: eine mit DHA verwandte Verbindung, die häufig in Omega-3-Fettsäure-Kapseln zur Nahrungsergänzung enthalten ist, zeigt keinen blutdrucksenkenden Effekt. Mehr noch: sie vermindert sogar die Wirkung des natürlichen DHA aus Fischöl. „Die Einnahme von nicht-natürlichen Omega-3-Fettsäuren kann demnach auch kontraproduktiv sein“, betont Bauer. Insbesondere bei der künstlichen Ernährung von Intensivpatienten müsse daher die Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren gezielt auf die klinischen Erfordernisse angepasst werden.(PNAS, 2013; Nature Communications, 2013; doi:10.1073/pnas.1221997110), doi: 10.1073/pnas.1222003110 )

(Friedrich-Schiller-Universität Jena, 06.03.2013 – KBE)

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