Archäologie

Skelett von Richard III. entdeckt

DNA und Kampfwunden weisen in Leicester gefundene Überreste als die des berühmten englischen Königs aus

Der in Leicester entdeckte Schädel von Richard III. © University of Leicester

Er galt als Prinzenmörder und wahrer Schurke unter den englischen Königen: Der 1483 gekrönte Richard III. war zu Lebzeiten umstritten und nach seinem Tode verfemt. Sein Grab blieb mehr als 500 Jahre lang unbekannt – bis jetzt. DNA- und Knochennaalysen haben jetzt geklärt, dass ein im September 2012 unter einem Parkplatz in der Stadt Leicester entdecktes Skeletts tatsächlich das des englischen Königs ist. Schwere Wunden in seinem Schädel passen gut zu den Berichten über sinene Tod auf dem Schlachtfeld.

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Für William Shakespeare war der englische König Richard III. der Inbegriff eines Schurken: Er beschreibt ihn in seinen Werken als Buckligen mit einem verkümmerten Arm und als gewissenlosen Mörder zahlreicher Rivalen um den Thron, darunter auch zwei jungen Prinzen. Tatsächlich aber war der 1483 gekrönte König weitaus besser als sein späterer Ruf. Ob Richard III. die beiden Prinzen, Söhne seines älteren Bruders Edward IV., tatsächlich ermorden ließ, ist bis heute umstritten. Als diese jedoch 1483 unter ungeklärten Umständen aus dem Tower von London verschwanden, nutzten dies seine Gegner, darunter sein späterer Nachfolger Henry Tudor, um ihn des Mordes zu beschuldigen und begannen eine Rebellion.

1485 kam es zur Schlacht von Bosworth, bei der Richard III. tödlich verwundet wurde. Laut historischen Quellen soll der besiegte König nach der Schlacht in der Klosterkirche Grey Friars in Leicester begraben worden sein – ohne königliche Ehren und in einem unmarkierten Grab. Die ehemalige Klosterkirche existiert heute jedoch nicht mehrl, über ihren Resten erstreckt sich ein Parkplatz. Ob sich die Leiche des einstigen Königs irgendwo auf dem Gelände des ehemaligen Klosters befand und wenn ja, wo, war daher unklar.

Verkrümmter Rücken und Krampfwunden

Am 4. September 2012 begannen Archäologen der University of Leicester eine Ausgrabung, um diese Frage endgültig zu klären. In ihrem Verlauf stießen sie auf zwei Skelette. Eines davon stammte von einem Mann, der zu Lebzeiten unter einer erheblichen Rückgratverkrümmung gelitten hatte. „Dies führte dazu, dass seine rechte Schulter erheblich höher stand als seine linke“, berichteten die Forscher Mitte September 2012 in einer ersten Pressekonferenz zum Fund. Einen Buckel oder verkümmerten Arm, wie Shakespeare es darstellte, habe dieser Mann aber nicht gehabt. Eine Radiokarbon-Datierung der Überreste ergab, dass das Skelett aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammt – und damit durchaus der 1485 gestorbene Richard III. sein könnte.

Eine Computertomografie des Schädels enthüllte zudem Spuren von erheblichen Verletzungen, die in etwa zum Todeszeitpunkt zugefügt worden sein mussten. Zwischen den Brustwirbeln habe man zudem eine metallene Pfeilspitze gefunden. Die Verletzungen passen nach Angaben der Forscher sehr gut zu den Wunden, die Richard III bei der Schlacht von Bosworth davon getragen haben soll. „Unsere Untersuchungen zeigen eine große Wunde an der Schädelbasis, verursacht durch einen Schnitt mit einer Waffe mit scharfer Klinge“, erklärt Ausgrabungsleiter Jo Appleby von der University of Leicester. Eine zweite Wunde an der Schädelbasis sei von einer Klinge hervorgerufen worden, die den gesamten Schädel durchbohrte. „Beide Verletzungen müssen fast sofort zur Bewusstlosigkeit und wenig später zum Tod geführt haben“, so der Forscher.

Das Skelett von RIchard III. zeigt deutlich seine starke Rückgrat-Verkrümmung. © University of Leicester

Zwei Nachfahren liefern Vergleichs-DNA

Doch ob es sich bei dem Skelett tatsächlich um Richard III. handelte, konnte nur eine DNA-Analyse schlüssig beweisen. Das Problem dabei: Als Vergleich benötigt man dafür das Erbgut eines nachweislichen Nachfahren der Familie des Königs, also eines möglichst engen Verwandten. Tatsächlich spürten Historiker einen dieser Nachfahren auf – in Kanada: Der 55-jährige Michael Ibsen soll, so glauben die Abstammungsforscher, der direkte Nachfahre von Anne of York sein, der Schwester Richards des III. „Er ist damit der 17. Urgroßneffe des Königs“, so Kevin Schürer, Leiter des Genealogieteams der University of Leicester. Eine weitere Person stamme ebenfalls aus dieser Linie, wolle aber anonym bleiben.

„Wir waren sehr aufgeregt, als wir tatsächlich eine Übereinstimmung zwischen der DNA der beiden Nachfahren und dem Skelett aus den Ausgrabungen in der Grey Friars Kirche fanden“ , berichtet Turi King, Leiter des DNA-Teams der University of Leicester. Zusammen mit den Ergebnissen der Knochenanalysen und dem archäologischen Kontext seien dies starke und überzeugende Indikatoren dafür, dass es sich tatsächlich um die Überreste von Richard III handele, dem letzten englischen König aus der Familie der Plantagents.

Mehr zum Fund und den Untersuchungen finden Sie auf der Website der Universität.

(University of Leicester, 04.02.2013 – NPO)

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