Die Larve der parasitischen Juwelwespe geht kein Risiko ein: Während sie im Körper einer Schabe heranreift, desinfiziert sie ihre Umgebung und ihre Nahrung mit einem antibakteriellen Sekret. Damit schützt sie sich vor den in der Amerikanischen Großschabe reichlich vorhandenen Krankheitserregern. Diese tierische Hygienestrategie haben Forscher der Universität Regensburg entdeckt. Wie sie im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichten, wirkt das Larvensekret wie ein Breitband-Antibiotikum.
„Die Schabe Periplaneta americana gilt als Überträger zahlreicher Krankheitserreger. Wegen ihrer unhygienischen Lebensweise können diese Insekten eine Vielzahl von Bakterien und Pilzen aufnehmen und verbreiten“, erklären Gudrun Herzner und ihre Kollegen von der Universität Regensburg. Die Juwelwespe Ampulex compressa ist eine parasitische Wespenart, die sich ausgerechnet auf diese „Krankheits-Schleuder“, spezialisiert hat.
Schabe als Wespenwiege
Bevor das Juwelwespen-Weibchen ein Ei ablegt, muss sie für ihren zukünftigen Nachwuchs zunächst Nahrung beschaffen. Dafür sticht sie eine Großschabe, injiziert ihm ein Betäubungsmittel und führt die auf diese Weise gefügig gemachte Schabe in eine Höhle. Dort legt sie ein einzelnes Ei ans Bein des Insekts. Wenn daraus nach kurzer Zeit die Larve schlüpft, bohrt diese zunächst ein Loch in die Brusthaut der Schabe und saugt dadurch wie durch einen Strohhalm Körperflüssigkeit auf. Nach etwa sieben Tagen dann beginnt die nächste Phase: Die Larve kriecht komplett in die Schabe hinein und ernährt sich dort von den Geweben und Organen.
„In dieser Zeit dient die Wirtsschabe sowohl als Nahrung als auch als Behausung für die Larve“, erklären die Forscher. Und genau darin liegt die Gefahr. Denn wie die Wissenschaftler in Analysen feststellten, sind die Großschaben sowohl außen als auch innen reichlich mit zersetzenden und krankheitserregenden Keimen verseucht. Besonders häufig kamen Bakterien der Art Serratia marcescens vor. Dieser Keim könne schwere Blutvergiftungen bei Insektenlarven hervorrufen und sei daher eine tödliche Gefahr für die Wespenlarven, sagen die Forscher.
Antimikrobieller Cocktail gegen Keime
Um herauszufinden, wie sich die Ampulex-Larven vor dieser Gefahr schützen, beobachteten die Forscher diese zunächst durch ein Loch in der Panzerung der Wirtsschabe. Wie sie feststellten, gab die Larve mehrfach Tropfen einer klaren Flüssigkeit in die Körperhöhle der Schabe ab und verteilte dieses Sekret anschließend. Nähere Analysen ergaben, dass das Sekret neun zuvor weder bei den Wespen noch bei den Schaben bekannte chemische Verbindungen enthielt. Darunter waren auch zwei, die in der Medizin bereits als antimikrobielle Wirkstoffe erforscht werden.
Anschließend testeten die Wissenschaftler, ob diese beiden Verbindungen, R-Mellein und Micromolid, tatsächlich gegen die krankmachenden Keime in der Schabe wirken. Dafür gaben sie diese in Kulturen mit Bakterien der Arten Serratia marcescens und Staphyolcoccus hyicus. Das Ergebnis: Zusammen schafften es die Substanzen, das Wachstum beider Keime radikal zu bremsen. „Das zeigt, dass die Wespenlarven tatsächlich ihre Wirte mit diesen antimikrobiellen Sekreten desinfizieren“, konstatieren Herzner und ihre Kollegen. Die Larve schütze sich damit vor einem breiten Spektrum schädlicher Bakterien und sei so gut gegen den unvorhersehbaren Mikroben-Cocktail ihres jeweiligen Wirts gewappnet. (PNAS, 2013; doi: 10.1073/pnas.1213384110)
(PNAS, 08.01.2013 – NPO)