Physik

Schnappschuss von der Geburt des Kohlenstoffs

Forscher haben erstmals den Geburtszustand des Kohlenstoffkerns grafisch simuliert

Kohlenstoff ist ein Produkt der Sterne © NASA/gemeinfrei

Ein internationales Forscherteam hat erstmals den sogenannten Hoyle-Zustand des Kohlenstoffs grafisch dargestellt. Den als Geburtszustand des Elements mit dem Elementsymbol C geltenden Zustand hatten die Forscher bereits im vergangenen Jahr berechnet und somit nachgewiesen. Der Kohlenstoff ist Hauptbaustein allen irdischen Lebens und daher von hoher Relevanz für das Verständnis des Lebensursprunges. Die nun durch eine Computersimulation erfolgte Visualisierung des Hoyle-Übergangszustandes zeige wie auf einem „Schnappschuss“, dass die Struktur wie ein gebeugter Arm aussehe, berichten die Forscher im Fachmagazin „Physical Review Letters“.

Der Hoyle-Zustand ist eine energiereiche Form des Kohlenstoffkerns und seine Existenz wurde bereits 1954 vom Astronomen Fred Hoyle – einem Kritiker der Big Bang-Theorie – postuliert. Der erst im letzten Jahr mathematisch nachgewiesene Zustand beschreibt im Prinzip die Übergangsphase während der Verschmelzung mehrerer kleiner Kerne zu einem großen Kohlenstoffkern – jene Phase in der der Kern weder Fisch noch Fleisch ist. Die Entstehung des Elements ist deshalb für Physiker und Astronomen so interessant, weil dieser Prozess Aufschluss über die Anfänge des irdischen Lebens geben könnte. Denn Kohlenstoff ist das mit Abstand häufigste Molekül der belebten Welt. Ein Großteil der Pflanzen und Tiere besteht aus Kohlenstoff und somit ist er ein Hauptbestandteil unsere Nahrung sowie unseres eigenen Körpers.

Bei seiner Bildung fusionieren offenbar drei Kerne des Gases Helium miteinander. Dieser Prozess läuft im extrem heißen Inneren schwerer Sterne ab. Gäbe es den Hoyle-Zustand nicht, hätten im Weltall vermutlich nur sehr wenig Kohlenstoff- oder andere höhere Atome wie Sauerstoff, Stickstoff und Eisen entstehen können. Ohne diese Art der Entstehung von Kohlenstoffkernen wäre daher vielleicht kein Leben, wie wir es kennen, möglich.

Aus drei mach eins

Damit die Kerne aber miteinander verschmelzen können, müssen sie sich auf eine ganz bestimmte Weise zusammenschließen. Um dies zu untersuchen, simulierten die Physiker aus Bonn, North Carolina und Bochum, wie die Protonen und Neutronen – die Kernteilchen eines jeden Atomkernes – zusammenwirken müssen, um den Elementkern C-12 entstehen zu lassen. Zudem wollten sie herausfinden, wie die Nukleonen (Kernteilchen) im neu entstandenen Kern zueinander angeordnet sind. Mit Hilfe desselben Ansatzes, mit dem sie bereits im letzten Jahr den Hoyle-Zustand berechnet hatten, konnten die Forscher nun die Struktur des Übergangszustandes klären. Dies erlaubte ihnen, die Struktur des Hoyle-Zustandes zu „sehen“, ihn also über ein Computermodell grafisch darzustellen. Es zeigte sich: In dem energiereichen Übergangszustand ordneten sich die beteiligten Nukleonen in einer Struktur an, die wie ein gebeugter Arm aussehe, so die Wissenschaftler.

„Es ist interessant, dass für den Hoyle-Zustand die bevorzugte Teilchenanordnung nicht in einer geraden Kette zu bestehen scheint“, so Dean Lee vom der North Carolina State Univeristy. „Eine Biegung in der Kette scheint erforderlich zu sein. Diese Arbeit führt uns zu der Frage, welche anderen Kerne über solche sogenannten Alpha-Cluster-Strukturen verfügen.“ Dies sei in der Kernphysik eine bisher ziemlich exotische Anordnung, die zu weiteren Fragen nach der Form und Stabilität der Kernentstehung führe. „Die weitere Erforschung des Hoyle-Zustands gehört zu den interessantesten, schwierigsten und aktuellsten Herausforderungen in der Kernphysik“, schließt sein Kollege Evgeny Epelbaum von der Ruhr-Universität Bochum. (doi: 10.1103/PhysRevLett.109.252501)

(Ruhr-Universität Bochum, 18.12.2012 – KBE)

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