Biologie

Fischweibchen finden homosexuelle Partner attraktiver

Bisexualität erhöht den Fortpflanzungserfolg des Atlantikkärpflings

Bei engen Verwandten dieser Guppys, den Atlantikkärpflingen, finden die Weibchen bisexuelle Männchen attraktiver als enthaltsame. © Per Harald Olsen / CC-by-sa 3.0

Homosexualität ist auch im Tierreich keineswegs eine evolutionäre Sackgasse oder ein „Irrtum der Natur“: An Fischen haben Forscher jetzt herausgefunden, warum sich homosexuelles Verhalten für die Männchen lohnen kann: Weibchen bevorzugen Partner, die zuvor bereits mit anderen Partnern – und zwar egal ob Weibchen oder Männchen – zusammen waren. Bei den Fischen sei sexuelle Aktivität offenbar unabhängig vom Geschlecht des Partners ein Qualitätsmerkmal, das gesunde von kranken und unterernährten Partnern unterscheide, berichten die Forscher im Fachmagazin „Biology Letters“.

Die Anzahl an Nachkommen gilt in der Evolutionsbiologie als die ultimative Einheit für den Erfolg eines Individuums. Deshalb gab das Auftreten homosexuellen Verhaltens Wissenschaftlern lange Zeit Rätsel auf. „Vordergründig sollte homosexuelles Verhalten, obwohl es bei nahezu allen Tierarten zu finden ist, den Fortpflanzungserfolg eines Individuums vermindern“, erklärt der Evolutionsbiologe Martin Plath von der Universität Frankfurt am Main. Beispielsweise bevorzugen Weibchen des Atlantikkärpflings (Poecilia mexicana) Männchen als Paarungspartner, die zuvor sexuell mit anderen Weibchen interagiert haben. Ein solches Verhalten, das in der Wissenschaft auch als Partnerwahlkopieren bekannt ist, existiert auch beim Menschen und wird dort als Ehering-Effekt bezeichnet.

Aber wieso zeigen dann Männchen des Atlantikkärpflings sowohl hetero- als auch homosexuelles Verhalten? Und warum tritt dieses Verhalten auch bei vielen anderen Tierarten auf? Um dies zu klären, spielten die Frankfurter Forscher in ihrer Studie Kärpfling-Weibchen verschiedene Videoanimationen vor, auf denen Männchen entweder mit einem Weibchen oder einem anderen Männchen sexuell interagierten.

Geschlecht egal, Hauptsache Sex

Das Ergebnis: Die Weibchen zeigten auch bei den Männchen positive Reaktionen, die sie bei homosexuellen Verhaltensweisen mit anderen Männchen beobachten konnten. Sie fanden sie zudem attraktiver als Männchen, die keinen Partner bebalzten. „Dies zeigt, dass das sexuelle Verhalten der Männchen an sich für Weibchen ein Qualitätsmerkmal darstellt“, sagt Erstautor David Bierbach. Da kranke oder unterernährte Männchen kaum Sexualverhalten zeigten, diene die sexuelle Aktivität möglicherweise als Erkennungsmerkmal für Gesundheit und Fitness. Und dabei komme es offenbar nicht darauf an, ob der potenzielle Partner zuvor ein Weibchen oder ein Männchen umworben habe.

Die Forscher vermuten, dass sich vor allem weniger attraktive Männchen dieser Paarungsstrategie bedienen. Sie versuchen, durch die attraktivitätssteigernde Wirkung von homosexuellem Verhalten ihren Fortpflanzungserfolg zu erhöhen. Nach Ansicht der Forscher ist Homosexualität damit auch im Tierreich nicht automatisch eine evolutionäre Sackgasse. „Homosexualität – oder vielmehr Bisexualität – stellt eine dem normalen Verhaltensrepertoire entsprechende Verhaltensweise der Männchen dar“, sagt Plath. „Dass die Weibchen sowohl andere Weibchen, als auch homosexuell aktive Männchen bei der Partnerwahl kopieren, erklärt die Bisexualität im männlichen Geschlecht. Und zwar nicht nur bei Fischen, sondern möglicherweise auch bei anderen Tierarten.“ (doi: 10.1098/rsbl.2012.1038)

(Biology Letters / Goethe-Universität Frankfurt, 12.12.2012 – NPO)

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