Ein kräftiges Ausatmen könnte zukünftig ausreichen, um Darmkrebs zu diagnostizieren. Denn bei Menschen, die an diesem Krebs erkrankt sind, verändert sich die Zusammensetzung gasförmiger Substanzen in ihrer Ausatemluft. Italienische Forscher haben diese Anzeiger für Darmkrebs erstmals identifiziert und getestet, wie treffsicher eine Diagnose auf Basis der Atemluft ist. In Blindtests habe man eine Genauigkeit von 76 Prozent erreicht – ein relativ hoher Wert, berichten sie im Fachmagazin „British Journal of Surgery“.
Zwar seien noch weitere Tests nötig, um die Eignung dieses Atemtests auch in der Praxis zu prüfen. Die ersten Ergebnisse deuteten aber darauf hin, dass sich diese Methode zukünftig als Diagnosehilfe bei Darmkrebs eignen könnte.
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Darmkrebs sei die zweithäufigste Ursache für krebsbedingte Todesfälle in Europa. Ein effektives Werkzeug, um eine Erkrankung an diesem Krebs eindeutig und ohne großen Aufwand und Kosten festzustellen, fehle aber bisher, schreiben Donato Altomare und seine Kollegen von der Universität Aldo Moro in Bari. Die Diagnose mittels Darmspiegelung sei zwar relativ genau, aber für Patienten und Mediziner sehr aufwändig. Die zur Früherkennung eingesetzten Stuhlproben haben dagegen nur eine Treffsicherheit von 20 bis 40 Prozent, eine höhere Genauigkeit erreichen sie nur, wenn sie regelmäßig wiederholt werden. „Ein Atemtest ist simpel und nicht-invasiv“, sagt Altomare. Jetzt zeige sich, dass er auch eine gute Treffsicherheit biete. Sollte sich diese Methode in weiteren Studien bewähren, könnte sie die Früherkennung von Darmkrebs zukünftig verbessern helfen.
Pusten für den Krebstest
Für den ersten Teil ihrer Studie hatten die Forscher zunächst den Atem von 41 gesunden Kontrollpersonen und von 37 Darmkrebspatienten analysiert. Die Patienten waren alle zuvor per Darmspiegelung diagnostiziert worden und standen kurz vor einer Operation. Für den Test mussten alle Probanden zunächst fünf Minuten lang durch einen Filter atmen, um Verfälschungen durch Substanzen in der Raumluft zu minimieren. Anschließend pusteten sie rund zwei Liter Ausatemluft in einen Probenbehälter.
Im Atem beider Gruppen identifizierten die Wissenschaftler 58 flüchtige Verbindungen – zum großen Teil gasförmige Kohlenwasserstoffe. „Diese Verbindungen werden in verschiedenen Körpergeweben produziert, erreichen über das Blut die Lungenbläschen und werden dann mit ausgeatmet“, erklären die Forscher. Da in Tumorgeweben andere Stoffwechselprozesse ablaufen als in gesundem, sind auch die von ihnen produzierten Molekülmischungen anders zusammengesetzt.
Analysen ergaben, dass 15 der 58 flüchtigen Substanzen in der Ausatemluft der Krebspatienten in deutlich höheren Konzentrationen auftraten als bei den gesunden Kontrollpersonen. Anhand dieser 15 Substanzen habe man mit Hilfe eines Analyseprogramms Darmkrebspatienten mit 85-prozentiger Treffsicherheit identifizieren können, berichten die Forscher. Nur fünf der 37 Krebspatienten seien falsch klassifiziert worden.
Um zu prüfen, ob diese Treffsicherheit auch dann noch auftritt, wenn die Forscher selbst nicht wissen, welche Probe von welchem Probanden stammt, führten sie einen zusätzlichen Blindtest mit 15 Darmkrebspatienten und 10 gesunden Kontrollpersonen durch. „In diesem Test wurden 19 Probanden korrekt zugeordnet, jeweils drei aus jeder Gruppe falsch“, berichten Altomare und seine Kollegen. Dies entspreche einer Genauigkeit von 76 Prozent (doi: 10.1002/bjs.8942).
(British Journal of Surgery, 06.12.2012 – NPO)