Viele Baumarten haben kaum Puffer gegenüber zunehmender Dürre: Schon bei leicht trockenerem Klima reißt der Wassertransport in ihren Gefäßen ab. Das hat ein internationales Forscherteam unter Leitung von Steven Jansen von der Universität Ulm festgestellt. Demnach haben 70 Prozent der 226 getesteten Baumarten nur sehr geringe Sicherheitsreserven. Besonders bei Laubbäumen und Kiefern liege die Schwelle, bei der die Wasserversorgung der Blätter abreiße, nur wenig unterhalb der heutigen Bedingungen, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature“.
Dieses Ergebnis zeige, dass Wälder weltweit und in allen Klimazonen stärker durch den fortschreitenden Klimawandel gefährdet sein könnten als bisher gedacht. Denn ihre Anfälligkeit hänge eher von den jeweiligen Baumarten ab als von der jetzigen Niederschlags-Situation.
Um die Blätter und oberen Pflanzenteile mit Wasser versorgen zu können, muss ein Baum in seinen Leitungsbahnen einen gewissen Druck aufrecht erhalten. Wird dieser Druck zu niedrig, beispielsweise weil es an den Wurzeln an Nachschub fehlt, entstehen zunächst Luftblasen in der Leitung. „Fließt dann kein neues Wasser aus dem Boden nach, reißt die Wassersäule vollends ab, als Folge trocknet die die Pflanze aus und stirbt letztlich“, erklären Jansen und seine Kollegen. Der Wasserdruck, bei dem die Verbindung zwischen Blättern und Wurzeln abreiße, sei von Art zu Art verschieden und unter anderem vom Bau der Leitungsbahnen abhängig. Da übergreifende Daten dazu bisher fehlten, ließ sich der Effekt des Klimawandels auf Wälder bisher nur eingeschränkt ermitteln.
Wasserdruck im Leitungsnetz entscheidend
Für ihre Studie hatten die Forscher veröffentlichte und unveröffentlichte Daten zum Leitungssystem verschiedener Baumarten ausgewertet. Für 226 Arten ermittelten sie daraus sowohl den bisher niedrigsten in der Natur gemessenen Wasserdruck in den Gefäßen als auch die kritische Schwelle, unterhalb der der Transport abreißt. Je näher beide Werte beieinander liegen, desto kleiner ist der Puffer, den diese Baumart gegenüber Wassermangel besitzt, wie die Wissenschaftler erklären.
Die Auswertung ergab, dass bei 70 Prozent der ausgewerteten Baumarten nur wenig Spiel zwischen den heutigen Minimalwerten und der für den Wassertransport kritischen Schwelle liegen. „Bei 42 Prozent der Laubbaumarten liegen die gemessenen Minimal-Werte sogar schon heute unterhalb dieser Schwelle“, schreiben Jansen und seine Kollegen. Das gelte sowohl für Bäume aus trockenen als auch aus feuchten Klimazonen. Nadelbäume hätten dagegen meist etwas mehr Puffer, nur bei neun Prozent von ihnen wird schon jetzt häufiger der kritische Wasserdruck in den Gefäßen unterschritten. Eine Ausnahme sind allerdings die Kiefern, wie die Forscher berichten. Sie hätten, ähnlich wie die Laubbäume, signifikant geringere Sicherheitsmargen.
„Diese Ergebnisse läuten eine Warnglocke, denn sie zeigen, dass kein Wald immun gegen die zunehmende Trockenheit ist“, schreibt Bettina Engelbrecht von der Universität Bayreuth in einem begleitenden Kommentar. Es sei zu erwarten, dass sterbende und vertrocknende Wälder in Zukunft häufiger und weiter verbreitet sein werden als bisher gedacht. (doi:10.1038/nature11688)
(Nature, 22.11.2012 – NPO)