Kakadus sind praktisch veranlagt: Sie knabbern sich gezielt Holzstückchen zurecht, um damit Futter oder Spielzeug außerhalb ihrer Reichweite heranzuholen. Das hat ein internationales Forscherteam bei einem Goffini-Kakadu beobachtet. Diese indonesische Papageienart sei damit nach den Krähen eine der wenigen Tierarten, die Werkzeuge nutzen und herstellen können, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Current Biology“.
„Lange Zeit schrieb man solche Talente nur unseren nächsten Verwandten, den Menschenaffen, zu“, sagt Studienleiterin Alice Auersperg von der Universität Wien. Erst in jüngerer Zeit habe man Werkzeuggebrauch auch bei Kapuzineraffen, Krähenvögeln und sogar einigen Wirbellosen beobachtet. Sie seien aber dennoch überrascht gewesen, dass der Kakadu Figaro ebenfalls über diese Fähigkeit verfüge.
Goffini-Kakadus sind eine äußerst verspielte und neugierige indonesische Kakadu-Art, wie die Forscher berichten. Sie erkundeten ihre Umgebung immer sehr intensiv, seien generell gut im Lösen von technischen Problemen und besäßen auch ein relativ großes Gehirn. Bisher habe es keine Hinweise darauf gegeben, dass diese Papageienvögel in freier Wildbahn Werkzeuge nutzten. Dass die Kakadus dies in Gefangenschaft jedoch durchaus lernen können, zeigt jetzt das Experiment der Forscher.
Leckere Nuss knapp außer Reichweite
Für ihre Studie hatten die Biologen eine Nuss auf einen Holzbalken außerhalb des Kakadukäfigs gelegt. Weil das Gitter sehr engmaschig war, konnte der Kakadu „Figaro“ die Nuss mit seinem Schnabel nicht erreichen. Doch der Vogel fand einen Ausweg: „Wir konnten filmen, wie Figaro seinen kräftigen Schnabel geschickt einsetzte, um längliche Splitter aus einem Holzbalken zu beißen“, berichtet Auersperg. Mit diesem selbst gefertigten Werkzeug habe der Kakadu dann die Nuss zu sich herangeholt. In einem anderen Experiment habe der Kakadu mit seinem Schnabel einen verzweigten Ast so gebrochen, dass er ein gerades Stöckchen erhielt, mit dem er nach dem Futter angeln konnte.
Hatte der Vogel einmal gelernt, ein Werkzeug herzustellen, nutzte er diese Technik ohne zu zögern auch in späteren Versuchen. „Figaro baute sich für jede neu platzierte Nuss ein weiteres Werkzeug und war jedes Mal erfolgreich“, sagt Auersperg. Das zeuge von der Intelligenz dieser Vögel. Dennoch gehen die Forscher davon aus, dass wildlebende Goffini-Kakadus normalerweise keine Werkzeuge herstellen. „Figaro ist bisher der einzige seiner Art, bei dem wir dieses Verhalten beobachten konnten“, sagt Mitautorin Birgit Szabo von der Universität Wien. Dass Figaro diese Technik in Gefangenschaft entwickelt habe, zeige aber, dass diese Vögel intelligent genug seien, um bei entsprechender Anregung solche neuen Fertigkeiten zu auszubilden.
Beobachtungen wie die bei dem Kakadu Figaro tragen nach Ansicht der Forscher viel dazu bei, die Entwicklung der Intelligenz im Laufe der Evolution besser zu verstehen. Denn noch sei unklar, welche Faktoren darüber entscheiden, ob ein Tier mehr oder weniger intelligent sei (doi: 10.1016/j.cub.2012.09.002).
(Current Biology, 06.11.2012 – NPO)