Medizin

Gift der Schwarzen Mamba enthält natürliche Schmerzmittel

"Mambalgine" wirken so stark wie Morphium

Schwarze Mamba (Dendroaspis polylepis) © Bill Love, Blue Chameleon Ventures / CC BY-SA 3.0

Ausgerechnet das tödliche Gift der Schwarzen Mamba enthält offenbar hochwirksame Schmerzmittel. Das haben jetzt französische Forscher bei Versuchen im Labor und mit Mäusen entdeckt. Es handelt sich um zwei Eiweißfragmente, die von den Wissenschaftlern Mambalgine getauft wurden. Sie sind etwa genauso wirksam wie Morphium, das stärkste bekannte Schmerzmittel, scheinen jedoch nicht dessen Nebenwirkungen zu haben. Auch konnten die Forscher keine Zeichen einer Abhängigkeit bei ihren Versuchstieren feststellen. Damit könnten die Mambalgine ein großes Potenzial als therapeutische Schmerzmittel besitzen. Ob und wann solche Mittel beim Menschen eingesetzt werden können, sei allerdings noch unklar. Es handele sich bisher lediglich um eine erste Beschreibung der schmerzlindernden Wirkung und deren Mechanismus, betonen Sylvie Diochot vom CNRS in Valbonne und ihre Kollegen im Fachmagazin „Nature“.

Das Gift der Schwarzen Mamba gehört zu den am schnellsten wirkenden Schlangengiften: Wird man nicht sofort mit einem Gegengift behandelt, ist ein Biss in 100 Prozent der Fälle tödlich. Es besteht aus einer Mischung verschiedener Eiweißmoleküle. Einige sind neurotoxisch, wirken also auf Nervenzellen, während andere die Muskeln und das Herz attackieren. Ziel der meisten Toxine sind dabei sogenannte Ionenkanäle, kleine pumpenartige Strukturen in den Hüllen der Körperzellen, die geladene Teilchen in die Zellen hinein oder aus ihr heraus transportieren. Sie sind unter anderem unverzichtbar dafür, dass Nervenimpulse erzeugt und weitergeleitet werden und dass der Herzmuskel sich zusammenzieht.

Blockade von wichtigen Schmerz-Rezeptoren

Die beiden Proteine, die Diochot und ihre Kollegen nun identifiziert haben, heften sich ebenfalls an solche Ionenkanäle an, wie die Wissenschaftler zeigen konnten. Allerdings zielen die Mambalgine nur auf bestimmte Varianten ab: Es handelt sich um eine Familie von Kanälen, die durch einen sauren pH-Wert aktiviert werden und eine wichtige Rolle beim Schmerzempfinden spielen. Diese sogenannten ASICs (Acid Sensing Ion Channels) befinden sich sowohl auf den Nervenzellen, die den Körper durchziehen, als auch auf den Nerven in Gehirn und Rückenmark. Die Mambalgine seien in der Lage, beide Formen zu blockieren, erläutert das Team.

Festgestellt haben die Forscher das bei Versuchen mit Mäusen, denen sie die gereinigten Mambalgine entweder direkt ins zentrale Nervensystem oder in eine Pfote spritzten. In beiden Fällen nahm die Schmerzempfindlichkeit der Tiere innerhalb von Minuten drastisch ab. Während Moleküle vom Typ der Mambalgine jedoch normalerweise heftige neurotoxische Effekte wie Bewegungsstörungen, Apathie, Lähmungen oder Krämpfe hervorrufen, seien nach Gabe der Schlangengiftbestandteile keinerlei Nebenwirkungen oder Schäden bei den Tieren beobachtet worden, erläutert das Team. Zudem sei die schmerzlindernde Wirkung extrem stark gewesen und habe mit der Zeit auch nicht nachgelassen, wie es beispielsweise bei Morphium der Fall sei.

Großes Potenzial als Schmerzmittel

Die Studie habe zweierlei gezeigt, resümiert das Team: Zum einen verstehe man nun die Entstehung von Schmerz und die Rolle der ASICs darin besser. Und zum anderen habe man mit den Mambalginen wirkungsvolle, in der Natur vorkommende schmerzlindernde Eiweißmoleküle vorliegen, die vermutlich ein großes Potenzial als therapeutische Schmerzmittel besitzen.

Die Mambalgine wären nicht die ersten Bestandteile von Schlangengift, die als Vorbild für ein Medikament oder gar selbst als Arznei dienen. So gibt es bereits verschiedene Mittel, die die Blutgerinnung fördern oder aber als Blutverdünner wirken und die ebenfalls auf Basis von Toxinen aus Schlangengift entwickelt wurden. Auch der Wirkmechanismus von Blutdrucksenkern wurde bereits von der Natur abgeguckt. In der Homöopathie werden stark verdünnte Schlangengifte zudem schon lange gegen verschiedene entzündliche Erkrankungen wie Rheuma, aber auch Allergien und Bronchitis eingesetzt. (doi: 10.1038/nature11494)

(Nature, 04.10.2012 – ILB)

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