Biomembranen sind für alle Zellen unverzichtbar. Damit sie aber Getrenntes auch trennen können, dürfen sie nicht zusammenkleben. Dass gleich zwei Mechanismen sie auf Abstand halten, haben jetzt Wissenschaftler der TU München und der Freien Universität Berlin entdeckt. In Computersimulationen zeigen sie, wann und wie stark diese Abstandshalter greifen.
Biomembranen umhüllen biologische Zellen wie eine Haut. Sie umschließen auch die Organellen, die innerhalb der Zelle wichtige Aufgaben beim Stoffwechsel oder der Zellteilung übernehmen. Wie Biomembranen grundsätzlich aufgebaut sind, ist schon lange bekannt. Biomembranen bestehen aus nebeneinander aufgereihten kettenartigen Fettmolekülen, sogenannten Lipiden. In der wässrigen Umgebung von Zellen organisieren sich die Lipide in einer Doppelschicht. Die fettlöslichen Kettenenden weisen jeweils nach innen, die wasserlöslichen Anteile nach außen.
Wenn sich zwei Biomembranen mit ihren wasserlöslichen Oberflächen zu nahe kommen, entsteht ein Wasserdruck. Dieser verhindert, dass sich die Membran-Oberflächen berühren. Zwischen zwei intakten Biomembranen befindet sich somit immer ein wenige Nanometer dünner Wasserfilm. Allerdings war bisher unklar, wie die Wasserabstoßung auf molekularer Ebene funktioniert.
Abstand entscheidet über Mechanismus
Mithilfe aufwändiger Simulationen haben die Wissenschaftler zwei verschiedene Mechanismen entdeckt, die von der Entfernung zwischen den Membranen abhängen. Sind die Membranen mehr als etwa einen Nanometer voneinander entfernt, spielen die Wassermoleküle die entscheidende Rolle bei der Abstoßung. Da sie sich an den Lipiden beider Membran-Oberflächen gleichzeitig ausrichten müssen, verlassen sie ihre bevorzugte räumliche Anordnung. Sie haben dann eine ähnliche Funktion wie Puffer zwischen zwei Eisenbahnwagons: Sie halten die Membranen auf Distanz. Bei kleineren Abständen beinträchtigen sich die Lipide der gegenüberliegenden Membran-Oberflächen in ihrer Beweglichkeit – und die Abstoßung verstärkt sich.
Die beiden Mechanismen werden schon seit einiger Zeit zur Erklärung der Wasserabstoßung diskutiert. Mit ihren Computersimulationen haben die Wissenschaftler jetzt erstmals die Stärke der Wasserabstoßung in Übereinstimmung mit Experimenten vorhergesagt. Damit ist die Bedeutung der verschiedenen Mechanismen im Detail aufgeklärt.
„Wir konnten den Wasserdruck so genau vorhersagen, weil wir in unseren Rechnungen das chemische Potenzial des Wassers präzise bestimmt haben“, erklärt Emanuel Schneck, der inzwischen am Institute Laue Langevin (ILL) forscht. „Das chemische Potenzial besagt, wie ‚gern’ sich die Wassermoleküle am jeweiligen Ort aufhalten. Damit wir korrekte Ergebnisse erhalten, muss das Potenzial an Membran-Oberflächen und im Umgebungswasser in der Simulation den gleichen Wert haben.“ Ihre Ergebnisse wollen die Forscher jetzt auf eine Vielzahl weiterer biologischer Oberflächen übertragen und dabei noch deutlich komplexere Computermodelle einsetzen. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2012, doi:10.1073/pnas.1205811109)
(Freie Universität Berlin, 31.08.2012 – NPO)