Evolution

Neue Knochenfunde komplettieren Vormenschen-Skelett

Steinblock enthält bisher fehlende Relikte des 2009 entdeckten jugendlichen Australopithecus sediba

Der Schädel des jugendlichen Vertreters von Australopithecus sediba nach der Freipreparation. © Brett Eloff / Lee Berger / University of Witwatersrand

Der Vormenschenjunge „Karabo“ ist bald wieder vollständig. Denn in Südafrika haben Forscher weitere Knochen dieses 2009 entdeckten Australopithecus sediba gefunden. Die 1,9 Millionen Jahre alten Fossilien sind noch in einem Gesteinsblock eingeschlossen. Höchstwahrscheinlich seien sie aber genau die Skeletteile, die dem ersten bekannten Vertreter dieser Art noch fehlten, berichten die Forscher. Der jugendliche Vormensch war damals „Karabo“ getauft worden – „Antwort“ in der Regionalsprache. „Die neue Entdeckung wird Karabo fast sicher zum vollständigsten Fossil eines unserer Vorfahren machen, das jemals gefunden worden ist“, erklärt Lee Berger von der University of Witwatersrand, einer der Entdecker der Fossilien.

Man habe in dem Gesteinsblock Kieferfragmente und entscheidende Teile des Körpers entdeckt, darunter einen vollständigen Oberschenkelknochen, einen Unterarmknochen, Rippen, Wirbel und weitere Gliedmaßenknochen, berichtet Berger. Einige dieser menschlichen Knochenteile seien zuvor noch nie in so gutem und vollständigem Zustand gefunden worden. „Das ist ein großer Tag für unser Team und für unser gesamtes Fachgebiet“, sagt der Paläontologe.

Zufallsfund im Steinblock

Die neuen Skelettteile stammen ebenso wie die früheren Funde des Australopithecus sediba aus der Malapa-Höhle rund 40 Kilometer westlich von Johannesburg. Sie sind in einem etwa ein Mal einen Meter großen Gesteinsblock eingeschlossen und wurden daher zunächst unerkannt in die Labors der Paläoanthropologen an der University of Witwatersrand transportiert und eingelagert. Erst im vergangenen Monat enthüllte eine Computertomografie des Steinblocks, dass sich darin Vormenschenknochen verbergen.

Dieser Zahn eines Australopithecus sediba steckte außen in dem Steinblock aus der südafrikanischen Malapa-Höhle, er passt perfekt zu einem Kieferstück des 2009 entdeckten Vormenschenjungen "Karabo". © University of the Witwatersrand, Johannesburg

„Als wir den Block zum Scannen brachten, entdeckte einer unserer Techniker, Justin Mukanku, einen kleinen, in die Gesteinsoberfläche eingebetteten Zahn“, schildert Berger die Entdeckung. Nähere Untersuchungen enthüllten, dass ein kleines Stück des linken Kieferknochens von Karabo perfekt zu diesem im Stein gefundenen Zahn passte. Die CT-Aufnahmen zeigten zudem einen Unterarmknochen, der zum Karabo-Skelett zu gehören scheint. „Wir wissen aber noch nicht, ob alle anderen Knochen auch zu diesem Skelett gehören“, sagt Berger. Das werde sich erst in weiteren Scans und nach der Präparation der Knochen zeigen. Aber es sehe so aus, als wenn die Knochen im Steinblock genau diejenigen seien, die bisher im Skelett von Karabo noch fehlten.

Nach Angaben des Forschers stammen die Skelettteile im Steinblock aber auf jeden Fall von einem Jugendlichen im gleichen Alter wie Karabo. Das zeige sich unter anderem an der CT-Aufnahme eines Kieferstücks aus dem Steinblock mit einem noch nicht herausgewachsenen Weisheitszahn darin.

Die Forscher wollen das Vormenschenfossil vor laufender Kamera freilegen und auch die langwierige Präparation und darauf folgende Erforschung der Knochen live über das Internet übertragen. „Die Öffentlichkeit wird in Echtzeit an der Erforschung des Skeletts und an zukünftigen Entdeckungen teilnehmen können – das ist einmalig für die Paläoanthropologie“, sagt Berger. Ein entsprechend ausgerüstetes Labor wird eigens dafür im Maropeng Besucherzentrum im Herzen der UNESCO-Welterbestätte „Cradle of Humankind“ in Südafrika eingerichtet.

(University of Witwatersrand, 13.07.2012 – NPO)

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