Geowissen

Unterwasser-Eruption trifft Meeresökosystem schwer

Vulkanausbruch vor der Kanareninsel El Hierro macht Ozean über Wochen zur Todeszone

Das von Gas aufgewühlte Wasser signalisiert den Ausbruch eines unterseeischen Vulkans vor der Südküste der Kanareninsel El Hierro, hier am 5. November 2011. © Isis Comas

Der Ausbruch eines Unterwasservulkans vor der Kanareninsel El Hierro hat eine der artenreichsten Lebensgemeinschaften des Nordatlantiks dramatisch gestört: Hitze, Sauerstoffmangel und stark saures Wasser machten das Meer rund um den Feuerberg noch Wochen später für Fische zur Todeszone. Algenpopulationen brachen ein, dafür vermehrten sich Bakterien in dem verschmutzten Wasser rasant, wie spanische Forscher im Fachmagazin „Scientific Reports“ berichten. Sie hatten zum ersten Mal die unmittelbaren ökologischen Auswirkungen einer solchen unterseeischen Eruption untersucht. „Der Ausbruch hat starke chemische und physikalische Veränderungen ausgelöst, die dieses sensible und artenreiche Meeresökosystem empfindlich getroffen haben“, schreiben Eugenio Fraile-Nuez vom Centro Oceanografico de Canarias auf Teneriffa und seine Kollegen.

Der Vulkan liegt 1,8 Kilometer südlich der Kanareninsel El Hierro in rund einem Kilometer Tiefe. Ursprünglich war sein Gipfel von 300 Metern Wasser bedeckt, wie die Forscher berichten. Doch der Ausbruch am 10. Oktober 2011 ließ den Feuerberg innerhalb kürzester Zeit so stark anwachsen, dass sein Gipfel heute nur noch 88 Meter unter der Wasseroberfläche liegt. Die Eruption erhöhte die Wassertemperaturen über dem Krater um bis zu 18 Grad Celsius. Noch 300 Meter vom Vulkan entfernt habe sich das Meer um durchschnittlich drei Grad erwärmt, sagen die Forscher. Innerhalb kürzester Zeit stieß der Feuerberg zudem große Mengen Kohlendioxid (CO2) aus. Dieses Gas löste sich im Meerwasser und machte es sauer. Der pH-Wert sei selbst in zwei Kilometern Entfernung um 2,8 Einheiten auf 5,2 abgesunken.

„Die physikalisch-chemischen Veränderungen hatten enorme Folgen für die Lebensgemeinschaften des Meeres“, schreiben Fraile-Nuez und seine Kollegen. In dem zuvor wegen seines Artenreichtums beliebten Tauchgebiet habe man nach dem Ausbruch keinen einzigen Fischschwarm mehr gefunden. Nahe der Wasseroberfläche sei eine sauerstoffarme Schicht entstanden, in der kaum noch Plankton vorkam. Weil das trübe, von Vulkanstaub verschmutzte Wasser weniger Licht durchließ, halbierte sich auch die Menge der Blaualgen in mittleren Wassertiefen, wie die Forscher berichten. In den tieferen Wasserschichten vermehrten sich dagegen massenweise Bakterien.

Forscher lassen ein Probengerät ins Wasser, mit dem sie Wasserproben aus dem Umfeld des Unterwasservulkans nehmen. © Isis Comas

Natürliches Testlabor für die Folgen des Klimawandels

Fünf Monate später sei das Wasser in Vulkannähe noch immer deutlich saurer gewesen als normal, schreiben die Wissenschaftler. Auch die Wassertemperaturen seien noch immer minimal höher. Nach Ansicht der Forscher ähneln die längerfristigen Folgen der Eruption damit durchaus den Veränderungen, die für den zukünftigen Klimawandel vorausgesagt werden. Denn auch die globale Erwärmung lasse die Meerestemperaturen ansteigen, erhöhe den Säuregrad des Wassers und führe zu zunehmendem Sauerstoffmangel. Eine Eruption wie der El Hierro könne daher durchaus als natürliches Testmodell für die Auswirkungen des Klimawandels auf die Meeresumwelt dienen, konstatieren Fraile-Nuez und seine Kollegen.

Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler vom Zeitpunkt der Eruption an regelmäßig Messgeräte in das Wasser rund um den Unterwasservulkan abgelassen, um Temperatur, Salzgehalt, Säuregrad sowie den Sauerstoff- und CO2-Gehalt des Wassers zu messen. Zusätzlich entnahmen sie regelmäßig Wasserproben aus unterschiedlichen Tiefen, um die Dichte und Artenverteilung der Algen und anderer kleiner Meereslebewesen zu untersuchen. Da die Auswirkungen des Ausbruchs noch immer anhalten, gehe auch die Untersuchung zurzeit noch weiter, berichten die Wissenschaftler. (doi:10.1038/srep00486)

(Scientific Reports, 09.07.2012 – NPO)

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