Ein Aufenthalt in der Schwerelosigkeit des Alls lässt Fadenwürmer langsamer altern als ihre Artgenossen auf der Erde. Bereits neun Tage im Orbit dämpften bei ihnen die Aktivität einiger Gene, die das Altern vorantreiben. Das hat ein Forscherteam bei Experimenten auf der Internationalen Raumstation ISS festgestellt. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass die speziellen Bedingungen im Weltraum einen Organismus auch auf genetischer Ebene beeinflussen. Dies könne sogar sein Altern verlangsamen, berichten die Forscher im Fachmagazin „Scientific Reports“. Noch sei allerdings nicht klar, ob die Schwerelosigkeit oder möglicherweise auch andere Umweltfaktoren wie beispielsweise erhöhte Strahlung an diesem Effekt schuld seien.
„Raumflüge haben gezeigt, dass die Schwerelosigkeit verschiedene physiologische und auch krankhafte Veränderungen erzeugt, wie beispielsweise Störungen des Gleichgewichtssinnes oder Muskel- und Knochenschwund“, schreiben Yoko Honda vom Metropolitan Institute of Gerontology in Tokio und seine Kollegen. Welchen Einfluss die fehlende Schwerkraft jedoch auf das Altern eines Organismus und seine Lebensspanne habe, sei bisher kaum bekannt. Diese Frage sei aber nicht nur für die Grundlagenforschung interessant, sondern auch für zukünftige Astronauten bei längeren Raumfahrtmissionen.
Weltraum-Aufenthalt verändert Aktivität hunderter Gene
In ihren Experimenten untersuchten die Forscher, wie sich die Genaktivität von Fadenwürmern der Art Caenorhabditis elegans während des Orbitaufenthalts veränderte. Tatsächlich stießen sie auf deutliche Unterschiede: 48 Gene wurden doppelt so häufig abgelesen, 199 andere Gene waren dagegen weniger als halb so aktiv wie unter normalen Bedingungen. „Unter diesen Genen fanden wir sieben, die eng mit Botenstoffen des Nervensystems und des Stoffwechsels verknüpft waren“, berichten Honda und seine Kollegen. Sie seien unter anderem an Signalwegen beteiligt, mit denen Sinneswahrnehmungen verarbeitet und Muskelbewegungen gesteuert würden.
Deaktivierten die Forscher diese sieben Gene bei Fadenwürmern auf der Erde, lebten diese Würmer länger als normalerweise. Das zeige, dass diese Gene auch eine wichtige Rolle für die Lebensdauer und Alterung der Tiere spielten.
Die Fadenwürmer produzierten während ihrer neuntägigen Zeit im All zudem weniger von der Glutamat-Verbindung Q35, wie die Forscher berichten. Diese Verbindungen reichern sich normalerweise mit steigendem Lebensalter im Körper an und gelten daher als Biomarker für die Alterung. Zusammen mit den Genveränderungen spreche dies dafür, dass die Fadenwürmer im All langsamer gealtert seien als ihre Artgenossen auf der Erde, sagen die Forscher.
Ob dieser Effekt aber auch für andere Organismen und möglicherweise sogar den Menschen gelte, müsse erst noch weiter untersucht werden, betonen die Forscher. Auch welche Faktoren im Weltraum diese Wirkung hervorrufen, sei noch zu erforschen. (doi:10.1038/srep00487)
(Scientific Reports, 06.07.2012 – NPO)