Durch die Erderwärmung blühen Pflanzen nicht nur zu anderen Zeiten, sie verändern auch ihre Blattform. Das hat ein internationales Forscherteam erstmals an Blattproben der Pflanze Dodonaea viscosa belegt, die im Süden Australiens wächst. Im Durchschnitt wurden die Blätter dieser Sträucher im Laufe der letzten 127 Jahre um zwei Millimeter schmaler. Je höher die heißesten gemessenen Temperaturen in der untersuchten Region waren, desto stärker schrumpften dort die Blätter. Diese Ergebnisse zeigten, dass der Klimawandel sich bereits jetzt merklich auf die Gestalt der Pflanzen auswirke, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „Biology Letters“
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Bereits frühere Studien deuteten darauf hin, dass Pflanzen in heißen und trockenen Gegenden kleinere Blätter ausbilden als ihre Artgenossen in etwas kühleren Regionen. Da die Höchsttemperaturen Südaustraliens um 1,2 Grad Celsius zwischen 1950 und 2005 gestiegen sind, vermuteten Greg Guerin von der University of Adelaide und sein Team aus Umweltwissenschaftlern, Biologen und Evolutionsforschern, dass diese Erwärmung einen ähnlichen Effekt an Laubblättern dort heimischer Pflanzen hervorgerufen haben könnte.
Um dies zu prüfen, untersuchten die Wissenschaftler bis zu 127 Jahre alte getrocknete Blätter der Strauchpflanze Dodonaea viscosa. Das State Herbarium of South Australia hatte diese über die Jahre hinweg in der Region Adelaide Geosyncline im Süden Australiens gesammelt. Zudem pflückten die Wissenschaftler noch rund 270 frische Blätter von Pflanzen dieser Art, die verstreut im gleichen Gebiet wachsen.
630 Blätter unter dem Lineal
Die genaue Vermessung der insgesamt fast 630 Proben zeigt, dass die Blätter innerhalb der letzten gut hundert Jahre im Durchschnitt um zwei Millimeter schmaler geworden sind. Sie entsprechen damit dem Typus, der normalerweise drei Grad nördlicher wächst, in heißeren Gebieten Australiens, wie die Forscher berichten. Der Vergleich mit Klimadaten ergab, dass sich die Blattbreite der Pflanzen verringerte, wenn die gemessene Höchsttemperatur in der Region stieg.
„Die Daten weisen darauf hin, dass die Formveränderung der Blätter eine direkte Antwort auf den Klimawandel ist“, folgern Guerin und seine Kollegen. Mit schmaleren Blättern verlieren die Pflanzen weniger Wasser und sind weniger anfällig für Überhitzung. Noch sei allerdings nicht klar, zu welchem Anteil die jetzt beobachteten Anpassungen auf Genveränderungen zurückgehen – und damit auf vererbbare Merkmale. Das müsse nun noch weiter untersucht werden, sagen die Forscher.
Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten ihre Erkenntnisse dazu eingesetzt werden, Pflanzenarten zukünftig bei der Anpassung an den Klimawandeln zu helfen. In stark betroffenen Gebieten Südaustraliens könnten beispielsweise Samen von Pflanzen der Art Dodonaea viscosa gestreut werden, die ihre Blätterform bereits an wärmere Temperaturen angepasst haben. Die aus diesen Samen wachsenden Jungpflanzen hätten dann von vornherein diese Anpassung an die größere Hitze. (doi:10.1098/rsbl.2012.0458)
(Biology Letters, 04.07.2012 – IRE)