Zu wenig Schlaf macht es uns schwerer, die Lust auf ungesundes Essen zu kontrollieren. Denn der Schlafentzug hemmt Areale unseres Gehirns, die uns zu vernünftigem Handeln befähigen. Das haben US-amerikanische Forscher in einem Experiment herausgefunden. Sie zeigten Probanden Bilder verschiedener Lebensmittel und zeichneten dabei ihre Gehirnaktivität auf. Das Ergebnis: Bei den ausgeschlafenen Teilnehmern war der Frontallappen des Gehirns aktiver als bei denjenigen, die eine schlaflose Nacht hinter sich hatten. Im Frontallappen gleichen wir eintreffende Reize und bereits gespeicherte Informationen miteinander ab und fällen auf dieser Basis bewusste Entscheidungen. Leide man unter Schlafentzug, sei diese Fähigkeit zur vernunftgesteuerten Kontrolle gestört. Eine vernünftige Essensauswahl falle dadurch schwerer, berichten die Forscher auf der internationalen Tagung der Schlafforscher in Boston, der SLEEP 2012.
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„Die höheren Hirnregionen, vor allem im Frontallappen, schaffen es unter Schlafentzug offenbar nicht, alle nötigen Informationen zu verarbeiten“, sagt Erstautorin Stephanie Greer von der University of California in Berkeley. Dadurch falle es uns beispielsweise schwerer abzuwägen, ob ein Lebensmittel nicht nur wohlschmeckend, sondern auch gesund sei. Dieser Mechanismus könnte daher nach Ansicht der Forscher einer der Gründe sein, warum chronischer Schlafmangel Übergewicht fördert.
Nicht von der Übermüdung beeinträchtigt waren bei den Probanden dagegen die Belohnungsschaltkreise des Gehirns. Sie sorgen unter anderem für unseren instinktiven Drang nach Süßem, Fettigem und Salzigem. Normalerweise wird dieser Drang durch den Frontallappen mehr oder weniger gut im Zaum gehalten. Ist dieser Kontrolleur aber durch Schlafentzug geschwächt, setzen sich die unvernünftigen Gelüste leichter durch: Wir entscheiden uns dann für eine zwar ungesund fettige, aber lecker aussehende Pizza oder Currywurst.
Bilder von Pizza, Salat und Co
Für ihre Studie unterzogen die Forscher 23 gesunde Erwachsene jeweils zwei Mal einem Hirnscan mittels funktioneller Magnetresonanztomografie – einmal nach einer durchgeschlafenen Nacht und das zweite Mal nach einer Nacht ohne Schlaf. Während der Untersuchung betrachteten die Teilnehmer verschiedene Bilder von gesunden und weniger gesunden Nahrungsmitteln auf einem Computerbildschirm. Bei jedem Bild gaben sie durch Anklicken einer Skala an, wie gerne sie dieses Nahrungsmittel essen würden und wie wahrscheinlich sie sich dafür entscheiden würden.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Probanden die ungesundere Kost im übermüdeten Zustand stärker bevorzugten als im ausgeschlafenen Zustand. Gleichzeitig war bei ihnen die Aktivität der höheren Funktionen der Hirnrinde verändert, nicht aber die der ursprünglicheren Gehirnbereiche, wie die Forscher berichten.
(Stephanie Greer et al., University of California, Berkeley, 11.06.2012 – NPO)