Energie

Klimawandel könnte Stromproduktion gefährden

Wassermangel und warme Flüsse zwingen Kraftwerke häufiger zur Drosselung

Atomkraftwerk Biblis © CC-by-sa 2.0

Der Klimawandel könnte die Stromerzeugung in Europa und den USA in Zukunft empfindlich stören. Schon in gut 20 Jahren werden sich die Tage häufen, an denen die Kraftwerke gedrosselt oder abgeschaltet werden müssen, weil sie wegen zu hoher Wassertemperaturen der Flüsse und niedrigem Wasserstand nicht mehr ausreichend gekühlt werden können. Das hat ein internationales Forscherteam bei Modellrechnungen festgestellt. Im Zeitraum von 2031 bis 2060 werde dies zu Einbußen in der Stromerzeugung von bis zu 19 Prozent in Europa und bis zu 16 Prozent in den USA führen. Die Wahrscheinlichkeit für Situationen, bei denen einzelne Kraftwerke komplett abgeschaltet werden müssten, werde um das Dreifache steigen, berichten die Wissenschaftler, darunter auch Stefan Vögele vom Forschungszentrum Jülich, im Fachmagazin „Nature Climate Change“.

Bei Wassertemperaturen oberhalb von 23 Grad Celsius und zu niedrigen Wasserständen dürfen Kraftwerke in Europa aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur noch begrenzte Mengen Kühlwasser aus Gewässern entnehmen oder einleiten. „Während der warmen, trockenen Sommer von 2003, 2006 und 2009 mussten mehrere Kraftwerke in Europa ihre Stromproduktion drosseln, weil ihnen Kühlwasser fehlte“, sagen Michelle von Vliet von der Universität von Wageningen in den Niederlanden und ihre Kollegen. Als Folge seien die Strompreise in diesen Jahren deutlich gestiegen.

Flüsse werden wärmer und sommerliche Pegel fallen

Nach den Ergebnissen der Forscher werden solche Situationen in Zukunft häufiger eintreten. Denn die Wassertemperatur der Flüsse in Europa könnte bis 2040 um rund ein Grad, bis 2080 und rund 2,3 Grad ansteigen, wenn es keinen nennenswerten technologischen Wandel gibt. Besonders stark betroffen wäre unter anderem die Donau. Sommerliche Perioden niedriger Wasserstände könnten bis 2040 um rund 15 Prozent zunehmen, bis 2080 sogar um 23 Prozent.

Für die Stromerzeugung hätte dies Konsequenzen: „Die Wahrscheinlichkeit, dass die Kraftwerkskapazität um mehr als 50 Prozent gedrosselt werden muss, steigt bis 2040 um den Faktor 1,4“, erklären die Forscher. Drosselungen um mehr als 90 Prozent könnten sogar um fast das Dreifache häufiger vorkommen. Denn extreme Klimabedingungen wie beispielsweise Hitzewellen sollen laut Klimaprognosen in Zukunft überproportional stärker zunehmen. Von diesen Klimafolgen seien besonders die Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke in Süd- und Südwesteuropa betroffen, sagen die Forscher. Aber auch Kraftwerke mit einem einfachen Kühlkreislauf ohne zusätzliche Kühleinrichtungen und ohne Recycling ihres Kühlwassers seien besonders anfällig.

Erneuerbare Energien und effektivere Kraftwerke als Lösung

„Angesichts dieser Prognosen sollten schon heute Strategien zur Anpassung an diese Bedingungen geplant werden“, schließen die Wissenschaftler. Eine Möglichkeit wären erneuerbare Energien, da diese meist nicht auf Kühlwasser angewiesen sind und ein Umstieg auf nicht-fossile Energieträger den Klimawandel bremse. „Auch ein Umstieg auf gasbefeuerte Kraftwerke mit höherer Effizienz könnte die Klimaanfälligkeit der Stromproduktion senken“, meinen die Wissenschaftler.

Für ihre Studie hatten die Forscher Wassertemperaturen und Pegel der größeren Flüsse in Europa und den USA anhand zweier Klimaszenarien – A2 und B1 – des Weltklimarats IPCC kalkuliert. A2 geht von einem langsamen, uneinheitlichen technologischen Wandel aus, während B1 eine starke Zunahme der erneuerbaren Energien und der Nachhaltigkeit simuliert. Für 35 Kraftwerke in Europa und 61 in den USA berechneten die Forscher, wie häufig Bedingungen eintreten, bei denen die Produktion gedrosselt werden muss. Diese Berechnungen führten sie für den Zeitraum 2031 bis 2060 und 2071 bis 2090 durch. (doi:10.1038/NCLIMATE1546)

(Nature Climate Change, 04.06.2012 – NPO)

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