Sehr wahrscheinlich ist das Methan in der Atmosphäre des Mars doch kein Anzeichen für Leben auf dem Roten Planeten. Denn das kohlenstoffhaltige Gas entsteht vermutlich nicht biologisch, sondern rein geochemisch – wenn UV-Strahlung die Reste zahlreicher Mikrometeoriten auf der Marsoberfläche zersetzt. Das zeigt ein Experiment von Forschern des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz und der Universitäten in Utrecht und Edinburgh. Sie bestrahlten die Bruchstücke eines auf die Erde gestürzten Meteoriten unter Mars-ähnlichen Bedingungen mit ultraviolettem Licht. Dabei wurden sehr schnell größere Mengen an Methan frei, die hochgerechnet die in der Atmosphäre des Planeten gemessenen Methanwerte erklären könnten, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.
Als Wissenschaftler vor neun Jahren mit Hilfe von Raumsonden Methan in der Marsatmosphäre entdeckten, war dies eine Sensation. Denn für viele galt dieses aus Kohlenstoff und Wasserstoff bestehende Gas als klarer Hinweis für Leben auf dem Roten Planeten. Denn auf der Erde entsteht Methan vorwiegend durch die Aktivität von Bakterien. Andere Forscher vermuteten eher geologische Prozesse im Marsinneren als Ursache.
Keine lebenden Organismen notwendig
Keine der bisherigen Theorien könne vollständig erklären, woher die 200 bis 300 Tonnen Methan stammen, die auf dem Mars pro Jahr produziert werden, sagen Frank Keppler vom Mainzer Max-Planck-Institut und seine Kollegen. Ihr Experiment zeige nun, dass die Zersetzung von Meteoritenmaterial durch UV-Licht bis zu 787 Tonnen Methan jährlich produziere – und damit genug, um die gemessenen Werte zu erklären. Lebende Organismen seien dafür nicht notwendig.
Für die Suche nach Leben auf dem Mars und anderen Planeten hat dieses Ergebnis erhebliche Konsequenzen. Es schwächt nicht nur die Vermutung, dass noch heute Mikroben im Untergrund des Mars existieren könnten. Das aus dem Meteoriten ausgasende Methan ähnelt zudem in seiner Atomzusammensetzung dem von Mikroben erzeugtem Gas. Das mache es sehr schwer festzustellen, ob Methan auf einem anderen Planeten biologisch oder geochemisch entstanden sei, betonen die Forscher.
Teile des Murchison-Meteoriten als Testobjekt
Für ihr Experiment hatten die Wissenschaftler Proben des sogenannten Murchison-Meteoriten mit ultraviolettem Licht bestrahlt. Dieser 4,6 Milliarden Jahre alte Meteorit schlug 1969 in der australischen Stadt Murchison ein. „Dieser Meteorit enthält mehrere Prozent Kohlenstoff und hat eine ähnliche chemische Zusammensetzung wie die Hauptmenge des Meteoritengesteins, das auf dem Mars landet“, sagt Ulrich Ott, Atmosphärenchemiker am Max-Planck-Institut für Chemie.
Weil der Mars keine Ozonschicht besitzt, trifft die energiereiche UV-Strahlung der Sonne nahezu ungefiltert auf seine Oberfläche. Die im Experiment eingesetzten UV-Strahlen entsprachen dieser Intensität. Fast augenblicklich seien dabei beträchtliche Mengen von Methan aus dem Gestein entwichen, sagen die Forscher. Sie schließen daraus, dass das UV-Licht die kohlenstoffhaltigen Verbindungen im Meteoritenmaterial zersetzt haben muss.
Nach Ansicht der Forscher könnte dieser Mechanismus auch erklären, warum die Marsatmosphäre am Äquator und in den wärmeren Bereichen der gemäßigten Breiten besonders viel Methan enthält: Denn auch im Experiment gaben die Meteoriten-Bruchstücke mehr Methan ab, je wärmer ihre Umgebung wurde und je mehr UV-Strahlung sie erhielten. Ähnliches könnte auf dem Mars der Fall sein. (doi:10.1038/nature11203)
(Nature, 31.05.2012 – NPO)