Biologie

Geheimnis wohlschmeckender Tomaten gelüftet

Chemischer Fingerabdruck enthält sehr viel weniger Schlüsselsubstanzen als angenommen

Tomaten am Busch © Fir0002 / (CC BY-SA 3.0)

US-Forscher haben geklärt, was den Geschmack einer richtig guten Tomate ausmacht. Und das ist erstaunlich wenig: Neben Zucker- und Säuregehalt sind es lediglich 24 der vielen hundert Duft- und Geschmacksstoffe in der Frucht, die ein angenehmes, intensives Tomatenaroma prägen. Die Ergebnisse zeigen zum einen, worauf Züchter bei künftigen Tomatenvarianten achten sollten, erläutert das Team. Zum anderen widerlegen sie die allgemeine Ansicht, alte, ursprüngliche Tomatensorten hätten immer ein intensiveres, besseres Aroma als die gerne als „Wassersäcke“ geschmähten Supermarktvarianten. Es gebe durchaus alte Sorten, die beim Geschmackstest schlechter abschnitten als Tomaten aus dem Supermarkt, schreiben Denise Tieman von der University of Florida in Gainesville und ihre Kollegen im Fachblatt „Current Biology“

.

Eigentlich schien die Frage geklärt, was denn nun das Aroma einer Tomate ausmacht. Da sind zum einen die Zuckerarten Glukose und Fruktose sowie verschiedene Fruchtsäuren, wie Zitronensäure und Äpfelsäure oder das auch als Geschmacksverstärker bekannte Glutamat. Zum anderen kennt man über 400 Aromastoffe in Tomaten, die sich leicht verflüchtigen und deswegen vor allem über Nase und Gaumen wahrgenommen werden. Von diesen galten vor allem zwei Arten als prägend: diejenigen, die in großen Mengen in der Frucht enthalten sind sowie diejenigen, die unsere Gehschmackssensoren schon in sehr geringen Konzentrationen wahrnehmen können.

Gaumen ergänzt chemische Analyse

Doch offenbar tragen nicht alle diese Aromastoffe tatsächlich ihren Teil zum guten Tomatengeschmack bei, zeigt nun die neue Auswertung. Die Forscher hatten sich darin nicht nur auf die chemischen Aspekte konzentriert, sondern auch die Vorlieben der menschlichen Geschmacksnerven mit einbezogen. 278 Proben von 152 alten, ursprünglichen Tomatensorten kamen dazu auf den Prüfstand, von denen viele bereits gezüchtet wurden, bevor die heute gängigen Varianten überhaupt existierten. Chemisch gesehen gab es eine unglaublich große Bandbreite bei der Menge der Inhaltsstoffe zwischen den Sorten, beschreiben die Wissenschaftler. Bei einigen variierten die enthaltenen Mengen um bis zu einem Faktor 3.000.

Deswegen ließen die Forscher zusätzlich 170 Probanden die Sorten mit den extremsten Unterschieden sowie einige Varianten aus dem Supermarkt verkosten. Die Tester sollten vor allem angeben, wie gut ihnen die Tomaten schmeckten und wie intensiv das Aroma war. Anschließend bewerteten sie dann noch, wie süß, sauer, salzig, bitter und würzig die einzelnen Sorten waren. Erstaunlicherweise schnitten die Supermarkttomaten nicht ganz so schlecht ab wie erwartet, zeigte die Auswertung. Die meisten von ihnen behaupteten sich im Mittelfeld, einige belegten allerdings auch die hintersten Plätze.

Ein Trick für mehr Süße

Die Geschmacksintensität hing vor allem von zwölf Bestandteilen ab, zeigte der Vergleich zwischen Verkostung und chemischer Analyse. Die Süße der Früchte wurde ebenfalls von zwölf Substanzen geprägt, von denen acht auch für den Tomatengeschmack an sich wichtig waren. Viele der in großen Mengen enthaltenen Stoffe spielten dagegen praktisch keine Rolle für einen angenehmen Geschmack.

Für besonders interessant halten die Forscher einige flüchtige Substanzen, darunter das für sich genommen zitrusartig schmeckende Geranial: Sie gelangen beim Essen über den Gaumen in die Nase und verstärken dort offenbar die Süße der Früchte. Fehlen sie, nimmt der subjektiv empfundene Süßegrad deutlich ab, was auch den positiven Gesamteindruck schmälert. Züchter sollten daher versuchen, bei neuen Varianten den Gehalt solcher Inhaltsstoffe zu erhöhen, empfiehlt das Team. Zudem könnten die Substanzen möglicherweise als allgemeine Geschmacksverstärker für Süßes dienen und damit helfen, den Zuckergehalt verschiedener Lebensmittel zu senken. (doi: 10.1016/j.cub.2012.04.016)

(Current Biology, 25.05.2012 – NPO)

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