Medizin

Große Unterschiede bei Pollen-Aggressivität

Allergie-auslösende Wirkung schwankt innerhalb einer Art um den Faktor zehn

Pollen © USDA

Wenn es um Allergien geht, ist Pollen nicht gleich Pollen – auch nicht, wenn dieser zur gleichen Art gehört. Denn abhängig von Zeit und Region produzieren die Pollen verschieden große Mengen an Eiweißverbindungen. Deshalb kann die allergische Reaktion gegen eine bestimmte Pollenart auch höchst unterschiedlich ausfallen. Das zeigt eine europaweiten Studie zum allergischen Potenzial von Birken, Gräsern und Oliven. Die Pollen dieser drei Pflanzen sind in Europa die wesentlichen Auslöser für Heuschnupfen.

Die allergischen Symptome entstehen, wenn die betroffenen Personen mit dem Allergen in Kontakt kommen, für das sie sensibilisiert sind. Wie stark die Belastung für die Patienten ist, lässt sich bis heute nur über die Pollenkonzentration in der Luft ermitteln. Diese Methode sagt jedoch wenig über die tatsächliche Aggressivität der Pollen aus. Denn abhängig von ihrem Reifungszustand stellen Pollen einer Pflanzenart nicht nur verschiedene Allergene her – auch die Menge der Allergie-auslösenden Proteine variiert.

In ihrer Arbeit untersuchten die Wissenschaftler daher die drei Hauptverursacher von Heuschnupfen in Europa – die Pollen von Birken, Gräsern und Oliven. An der dreijährigen Hialine-Studie beteiligten sich 13 Forschungseinrichtungen in elf europäischen Ländern. Koordiniert wurde sie von Jeroen Buters vom Lehrstuhl für molekulare Allergologie der TU München. Die Wissenschaftler interessierten sich dabei vor allem für den Zusammenhang zwischen der Pollenzahl und der Menge der freigesetzten Allergene. Dabei konzentrierten sie sich auf das jeweils wichtigste Allergen der drei Pflanzenarten: Bet v 1 (Birke), Phl p 5 (Gräser), Ole e 1 (Olive).

Allergiepotenzial schwankt um den Faktor zehn

Bei der Auswertung der Daten stellten die Forscher eine hohe Übereinstimmung zwischen Pollenzahl und der Menge an Allergenen fest. Auf einzelne Tage und Messstationen bezogen gab es jedoch teils eklatante Unterschiede, wie Studienleiter Buters erklärt: „Das allergische Potenzial variierte um den Faktor 10, das heißt, an den ‚starken’ Tagen wurde bis zu zehnmal mehr Allergen freigesetzt als an anderen.“ Im Vergleich der europäischen Standorte beobachteten die Forscher bei den Gräserpollen die größten Schwankungen. Weniger auffällig waren die Unterschiede bei den Birkenpollen. Interessanterweise scheint die geografische Entfernung nur eine untergeordnete Rolle zu spielen: Bei zwei Oliven-Messstationen im Abstand von nur 400 Kilometer stellten die Wissenschaftler fest, dass die Allergenlast um das Vierfache voneinander abwich.

Auch der Einfluss des Wetters wurde deutlich, wie Buters ausführt: „An der Messstation in Portugal konnten wir eine hohe Allergenbelastung durch Ole e 1 messen, obwohl an diesen Tagen kaum portugiesische Pollen unterwegs waren. Durch meteorologische Berechnungen fanden wir heraus, dass das Allergen aus Spanien eingeflogen war, wo die Pollen ein deutlich erhöhtes allergisches Potenzial haben.“

Allergen-Messungen könnte Vorhersage verbessern

Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass die Messung von Allergenen im Vergleich zum Pollenflug genauere Vorhersagen für Allergiker liefert. „Mit kombinierten Auswertungen von Allergen-Messungen, Pollenflug und Wetterdaten könnten wir bisherige Allergie-Modelle deutlich verbessern“. Auch für die Behandlung von Allergikern sieht Buters neue Ansätze: „Die einzig echte Therapie gegen Allergien ist die Hyposensibilisierung, also die langsame Gewöhnung an das Allergen. Statt mit Pollen-Extrakten könnten die Ärzte künftig mit den allergenen Proteinen, den eigentlichen Allergie-Auslösern, impfen – die Behandlung verliefe damit deutlich gezielter.“ (Atmospheric Environment 2012; doi:10.1016/j.bbr.2011.03.031)

(Technische Universität München, 14.05.2012 – NPO)

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