Einen wichtigen Mechanismus, wie die menschlichen Gehirnhälften miteinander kommunizieren, hat jetzt ein internationales Forscherteam entdeckt. Die Ergebnisse, über die das Wissenschaftsmagazin „Science“ berichtet, führen zu neuen Einblicken in die Nervenzellkommunikation des Gehirns, die auch bei Schlaganfall eine Rolle spielen könnten.
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Auf dem Weg zum Gehirn kreuzen sich die Nervenbahnen im menschlichen Körper. Dies hat zur Folge, dass die Reize in der gegenüberliegenden Hirnhälfte verarbeitet werden. Berührt uns also zum Beispiel jemand an der rechten Hand, kommt diese Berührung in unserer linken Hirnhälfte an. Trotzdem müssen beide Hirnhälften ihre Aktivitäten abstimmen. Da einige Funktionen, wie zum Beispiel Sprache, dominant nur in einer Hemisphäre ausgeprägt sind, müssen deren Signale immer der anderen Hirnhälfte mitgeteilt werden.
Noch offensichtlicher ist dies bei alltäglichen Aufgaben wie der Koordination der Hände oder der Füße, die eine sehr präzise Kommunikation der beiden Gehirnhälften nötig macht. Die Signale, die die Hirnhälften erreichen, werden dabei via einer massiven Nervenbahn, dem sogenannten Balken, von der einen Hemisphäre der Großhirnrinde zur anderen gesendet.
Verarbeitung von Tastempfindungen untersucht
Die Forschergruppe um Matthew Larkum von der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der Humboldt-Universität Berlin erforscht Mechanismen im Gehirn, die die Aktivitäten von Neuronen in der Großhirnrinde kontrollieren. In ihrer aktuellen Studie in Zusammenarbeit mit der Universität Bern konzentrierten sich die Neurowissenschaftler dabei auf die Verarbeitung von Tastempfindungen.
Hierzu benutzten Larkum und sein Team eine Reihe von Methoden wie beispielsweise intrazelluläre Messungen einzelner Nervenzellen im intakten Gehirn und verschiedene Bild-gebende Verfahren während der sensorischen Stimulation der Hinterpfote einer Ratte.
Anhaltende hemmende Wirkung
Dabei fanden die Forscher jetzt heraus, dass die Reizung der rechten und linken Pfote der Ratte eine relativ langsame, fast halbsekundenlange anhaltende hemmende Wirkung auf die Aktivität der Nervenzellen hat. „Das ist sehr langsam“, stellt Larkum fest. „Normalerweise erfolgt die Signalübertragung um ein Vielfaches schneller. Daher wollten wir wissen, welche Nervenschaltung diesem Mechanismus zu Grunde liegt und die zellulären Kommunikationswege identifizieren“, erklärt er weiter.
Dies gelang ihnen mit Hilfe einer neuen Technologie, der sogenannten Optogenetik, die es ermöglicht spezifische Nerven mit Licht zu stimulieren. So konnten die Forscher zeigen, dass Nervenfasern, die aus der gegenüberliegenden Hemisphäre kommen, eine spezielle Gruppe von lokalen hemmenden Nervenzellen aktivieren. Diese Nervenzellen wiederum regen langsam wirkende Rezeptoren an, die zu einer geringeren Aktivität in den anderen Nervenzellen derselben Hemisphäre führen.
Bald neue Therapien für Schlaganfall
Vor allem für die Schlaganfallforschung könnte dies ein weiterer, kleiner Baustein bei der Entwicklung neuer Therapien sein, da dieser Mechanismus hier eine wichtig Rolle spielt. Doch nicht nur bei Schlaganfallschäden ist die Kommunikation der beiden Hemisphären in der Großhirnrinde entscheidend, sondern auch für eine Reihe kognitiver Fähigkeiten, weshalb die Ergebnisse der Studie nach Angaben der Forscher noch weitreichende Auswirkungen haben könnten.
(Humboldt-Universität Berlin, 27.02.2012 – DLO)