In einer Höhle im Kaukasus haben Forscher das Tier mit dem tiefsten Lebensraum der Erde entdeckt. Das winzige, flügel- und augenlose Insekt lebt 1.980 Meter unter der Erdoberfläche in völliger Dunkelheit. Entdeckt wurde es, als Höhlenforscher eines internationalen Teams im Sommer 2010 die Voronya-Höhle in Abchasien bis in ihre größte Tiefe von 2.191 Metern untersuchten. Die Höhle, deren Eingang auf einem Bergmassiv liegt, gilt als die einzige Höhle weltweit, die mehr als zwei Kilometer tief ist.
Bei der Expedition entdeckten die Forscher in verschiedenen Abschnitten der Höhle vier neue Arten von Springschwänzen, urtümlichen, flügellosen Insekten, die häufig im Boden aber auch in Höhlen vorkommen. Eine der neuen Arten, Plutomurus ortobalaganensis, habe sich nun als das tiefste jemals entdeckte landlebende Tier erwiesen, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Terrestrial Arthropod Reviews“.
Wasser sorgt für Nahrungsnachschub
Springschwänze ernähren sich meist von Pilzen, Pflanzenresten und anderen organischen Materialien. Dies gelte auch für die in der Höhle entdeckten Arten, sagen die Forscher. Für Nahrungsnachschub sorge dabei das ständig die Höhlengänge hinabfließende Wasser. Es transportiere tote Pflanzenreste und anderes organisches Material von der Oberfläche bis in die tiefsten Höhenbereiche.
Die knapp vier Millimeter kleine Art Plutomurus sei dabei der am häufigsten vorkommende Konsument von organischem Material in den nicht überfluteten Höhlenteilen gewesen, schreiben Rafael Jordana von der Universität von Navarra in Spanien und seine Kollegen.
Einblick in Anpassungsfähigkeit des Lebens
Die Entdeckung von Lebewesen in einer solchen Tiefe eröffne neue Einblicke in die Vielfalt des Lebens auf der Erde, meinen die Forscher. Diese Tiere hätten im Laufe von Millionen von Jahren spezielle Anpassungen entwickelt, die ihnen das Überleben in einer solchen Tiefe ermöglichten. So seien die Augen der in der Voronya-Höhle entdeckten Springschwänze reduziert. Häufige fehle auch ein Teil der Pigmente in der Haut der Springschwänze, so dass sie weißlich-grau oder gefleckt aussähen.
Bei einer in nur rund 100 Metern Tiefe entdeckten Springschwanzart, Anurida stereoodorata, fanden die Forscher ein hochspezialisiertes chemisches Sinnesorgan. Normalerweise dient das hinter der Fühlerbasis liegende sogenannte Postantennalorgan den Springschwänzen als Sensor für Feuchtigkeit und Temperatur. Bei der neuen Art sei dieses Organ einzigartig verändert und weise besonders viele Sinneszellen auf, berichten die Wissenschaftler.
Um die Höhlenfauna zu erkunden, hatten die Wissenschaftler in regelmäßigen Abständen Köderfallen mit kleinen Käsestückchen als Lockmittel in den Höhlengängen aufgestellt. Zusätzlich suchten sie die Höhle mehrere Stunden lang direkt ab. (Terrestrial Arthropod Reviews, 2012; doi: 10.1163/187498312X622430)
(Terrestrial Arthropod Reviews / dapd, 23.02.2012 – NPO)