Genetik

Erbgut-Entschlüsselung könnte bedrohten Beutelteufel retten

Forscher verfolgen tödlichen Gesichtskrebs bis zu seinem Ursprung zurück

Helfer haben diesen tasmanischen Beuteufel eingefangen um ihn zu untersuchen, dies hilft dabei, die Ausbreitung des ansteckenden Gesichtskrebes zu ermitteln. © Save the Tasmanian Devil Program

Forscher haben erstmals das komplette Erbgut des tasmanischen Beutelteufels und seines gefährlichsten Feindes entschlüsselt: des tödlichen Gesichtskrebses, der diese Raubbeutler auszurotten droht. Bisher gab es kein Mittel gegen diesen seit 1996 in Tasmanien grassierenden Krebs. Er wird durch Bisse von einem Tier auf das andere übertragen und kann nicht geheilt werden. Erkrankte Beutelteufel verenden innerhalb von Monaten daran. Die Forscher hoffen nun, diese Epidemie mit Hilfe der neuen genetischen Informationen aufhalten zu können. Über die Ergebnisse der Genanalysen berichten sie im Fachmagazin „Cell“.

Die schwarzfelligen Beutelteufel sind die letzten noch auf der Erde lebenden großen Raubeutler. Die rund 60 Zentimeter großen und bis zu zwölf Kilogramm schweren Tiere sind nachaktiv und jagen kleinere Tiere, fressen aber auch Aas. Beutelteufel kommen heute nur noch auf der Insel Tasmanien vor. Durch den Gesichtskrebs sind sie akut vom Aussterben bedroht.

„Der Gesichtskrebs des Beutelteufels ist die einzige Krebsform, die eine ganze Art zu vernichten droht“, sagt Erstautorin Elizabeth Murchison vom Wellcome Trust Sanger Institute im britischen Hinxton. Sie hoffe, dass einige der knapp 20.000 Mutationen, die man nun in den Genen der Gesichtstumore gefunden habe, als Ansatzstellen für eine Behandlung dienen könnten. „Es gibt ja bereits gezielte Wirkstoffe gegen bestimmte Krebsgene“, meint die Forscherin.

Nur zwei ansteckende Krebsarten weltweit

Weltweit gibt es nur zwei Krebsarten überhaupt, bei denen lebende Krebszellen von einem Tier auf ein anderes übertragen werden können. Eine davon ist der auch als Devil Facial Tumour Disease (DFTD) bezeichnete Gesichtskrebs der Beutelteufel, die andere eine Krebserkrankung von Hunden.

„Ansteckende Krebsarten sind unglaublich selten“, sagt Seniorautor Mike Stratton vom Wellcome Trust Sanger Institute. Es sei aber wichtig, ihre Entstehung zu untersuchen. „Denn in dem unwahrscheinlichen Fall, dass eine solche Krebsepidemie jemals beim Menschen auftritt, wären wir dann besser vorbereitet“, meint der Forscher.

Tasmanischer Beutelteufel mit Krebsgeschwüren am Auge und Mund, dieser hochansteckende Krebs ist tödlich und wird durch Bisse übertragen. © Save the Tasmanian Devil Program

Unsterbliche Teufelin als Urmutter der Krankheit

Die genetische Analysen enthüllten auch den Ursprung der tödlichen Krankheit: Der Krebs entstand zuerst in den Zellen eines Beutelteufel-Weibchens, das vor rund 15 Jahren im Nordosten der Insel lebte. Ihr Erbgut lebt in den Zellkernen und den Mitochondrien der degenerierten Krebszellen bis heute weiter. „Ich nenne sie deshalb die unsterbliche Teufelin“, sagt Murchison.

Trotz seiner erst kurzen Existenz hat sich der Krebs bereits weiterentwickelt, wie die Forscher berichten. Das zeigte der Vergleich des Erbguts aus 104 Tumorproben, die von 69 verschiedenen Beutelteufeln aus verschiedenen Teilen Tasmaniens stammten. Die Analysen ergaben unter anderem, dass es mehr und weniger aggressive Stämme auf der Insel gibt. Dieses Wissen könnte dazu beitragen, Strategien gegen die weitere Ausbreitung der Seuche zu entwickeln.

Krebs trickst Immunabwehr aus

Normalerweise verhindert das Immunsystem, dass sich die Krebszellen eines anderen Individuums im Körper einnisten und vermehren. Doch seltsamerweise sei das bei den beiden übertragbaren Krebsarten nicht der Fall, sagen die Forscher. Warum war bisher unbekannt.

In den Genen der Krebszellen fanden die Wissenschaftler keine Hinweise darauf, dass ein Virus den Krebs ansteckend machte. Dafür entdeckten sie einige Mutationen in Genen, die normalerweise die Identifizierung der Zellen als „fremd“ erleichtern. Diese Mutationen könnten dem Krebs dabei geholfen haben, das Immunsystem auszutricksen. Wie genau, das müsse jetzt noch weiter untersucht werden, sagen die Forscher. (Cell, 2012; doi:10.1016/j.cell.2011.11.065)

(Cell / Wellcome Trust Sanger Institute, 17.02.2012 – NPO)

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