Geowissen

Fukushima droht ein neues Erdbeben

Verwerfungen unter dem havarierten Meiler wieder aktiv

Karte Japans mit dem Epizentrum des Bebens vom 11. März 2011 (pink), dem des Iwaki-Bebens vom 11. April (roter Stern), der Position des Atomkraftwerks Fukushima Daiichi (rotes Quadrat) und von anderen Beben in der Region (schwarz); Eingezeichnet sind zudem die Plattengrenzen in der Region. © Ping Tong, Dapeng Zhao and Dinghui Yang

Dem havarierten Atomkraftwerk im japanischen Fukushima droht in naher Zukunft ein weiteres Starkbeben. Denn das Erdbeben vom 11. März 2011 hat Verwerfungen in der nahen Umgebung des Kraftwerks reaktiviert. Das hat ein chinesisch-japanisches Forscherteam bei einer seismischen Analyse der Region festgestellt. Die Auswertung deute auch darauf hin, dass entlang der Grenze der Pazifischen Erdplatte Flüssigkeit im Untergrund aufsteige. Diese wirke wie ein Schmiermittel und erhöhe das Risiko für ein starkes Beben auch unter Fukushima beträchtlich. Ein Starkbeben nahe der Stadt Iwaki am 11. April 2011 sei ein erstes Anzeichen dafür, berichten die Forscher im Fachmagazin „Solid Earth“.

„Angesichts der Tatsache, dass sich ein starkes Erdbeben vor kurzem in Iwaki ereignet hat, halten wir ein ähnlich starkes Erdbeben in Fukushima für möglich“, sagt Studienleiter Dapeng Zhao von der Tohoku Universität im japanischen Sendai. Unter Fukushima habe man ähnliche strukturelle Anomalien im Untergrund gefunden. Das Erdbeben im nur 60 Kilometer von Fukushima entfernten Iwaki gehörte zu den stärksten Nachbeben nach dem 11. März. Es hatte die Magnitude 7.

Bebenhäufigkeit stark angestiegen

Wie die Forscher berichten, ist die Anzahl der Erdbeben in Iwaki nach dem Erdbeben vom 11. März 2011 stark angestiegen. Das seismische Netzwerk habe dort zwischen dem 11. März und dem 27. Oktober mehr als 24.000 Erschütterungen registriert. In den neun Jahren zuvor seien es gerade einmal 1.300 gewesen. Bei 6.000 dieser Beben haben die Wissenschaftler die Wellenbewegungen genauer analysiert, um daraus Aufschlüsse über die Vorgänge im Untergrund zu gewinnen.

Aufsteigende Flüssigkeit senkt Reibung im Untergrund

Aus den Auswertungen geht hervor, dass das Iwaki-Beben durch aufsteigende Flüssigkeit im Untergrund ausgelöst worden war. Vor der Nordostküste Japans wird die Pazifische Platte unter die Ochotsk-Platte gedrückt. Sie schmilzt dabei auf und setzt das zuvor in Mineralien gefangene Wasser frei. Diese Flüssigkeit steigt auf und dringt in die Gesteinsrisse der Verwerfungen entlang der japanischen Küste ein.

„Die aufsteigende Flüssigkeit senkt die Reibung in Teilen einer aktiven Verwerfung und kann so ein starkes Erdbeben auslösen“, erklärt Erstautor Ping Tong von der Tohoku Universität. Genau dieser Mechanismus finde wahrscheinlich auch unter dem Atomkraftwerk von Fukushima statt.

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Atomkraftwerk muss besser geschützt werden

Die Wissenschaftler können zwar nicht genau vorhersagen, wann das nächste schwere Beben in der Kraftwerksregion droht, halten aber ein solches Ereignis in der nahen Zukunft für sehr wahrscheinlich. Die Kombination der Erschütterungen durch das Beben vom 11. März mit der im Untergrund aufsteigenden Flüssigkeit erhöhe das Bebenrisiko in den Verwerfungen unter dem Atomkraft Fukushima Daiichi beträchtlich.

Das durch Beben und Tsunami vor knapp einem Jahr schwer geschädigte Atomkraftwerk müsse unbedingt besser gegen starke Erdbeben geschützt werden. Sonst drohe ein weiteres nukleares Desaster, warnen Zhao und seine Kollegen. Auch in anderen Atomkraftwerken im gefährdeten Küstenabschnitt sollte die Sicherheit überprüft werden. Sinnvoll sei dies für Fukushima Daini, das nördlich von Fukushima gelegene Kraftwerk Onagawa und das südlicher gelegene Tokai. (Solid Earth, 2012; doi:10.5194/sed-3-1021-2011)

(European Geosciences Union, 15.02.2012 – NPO)

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