Die auch als Mistkäfer bezeichneten Pillendreher nutzen eine ungewöhnliche Methode um sich zu orientieren: Sie klettern auf die von ihnen frisch gerollte Mistkugel und führen dort eine Art Tanz auf. Dabei drehen sich die Käfer mehrfach hin und her, bis sie schließlich wieder herunterklettern und ihre Kugel weiterollen. Bisher war unklar, warum sich die Käfer so verhalten. Jetzt haben Forscher herausgefunden, dass die Käfer beim Tanz auf der Mistkugel anhand von Sonnenstand und Landmarken überprüfen, ob sie noch in der richtigen Richtung unterwegs sind. Diese Orientierungshilfe ermögliche es den Käfern, ihre Kugeln in einer schnurgeraden Linie zu rollen, selbst wenn sie dabei Hindernisse umrunden müssen, berichten die Forscher im Fachmagazin „PloS ONE“.
Die Käfer der Art Scarabaeus nigroaenus legen ihre Eier in Kuhdung und anderem Kot ab. Um ihrem Nachwuchs optimale Startbedingungen zu bieten, formen die Käfer aus dem Kot große Kugeln, die sie vom Dunghaufen wegrollen und an einer geschützten Stelle vergraben. Um zu verhindern, dass Artgenossen ihnen die mühevoll hergestellte Mistkugel streitig machen, wählen die Käfer dabei den direktesten, gerade vom Dunghaufen wegführenden Weg.
„Dass sie diese Linie einhalten, ist bemerkenswert, denn die Käfer bewegen sich dabei mit dem Rücken zur Rollrichtung und kopfüber“, schreiben Emily Baird von der Lund Universität in Schweden und ihre Kollegen. Aus vorhergehenden Studien wisse man, dass sich die Käfer unter anderem an der Position der Sonne orientieren. Erst jetzt aber habe man erstmals in Experimenten belegt, dass der Tanz dabei als Navigationshilfe sowohl bei der anfänglichen Wahl der Rollrichtung als auch bei späteren Kurskorrekturen diene.
Hindernisstrecken für Mistkugeln
In ihren Experimenten setzten die Forscher die Käfer in ein Terrarium mit Kuhdung und ließen sie ihre Mistkugeln über verschiedene Hindernisstrecken und unter verschiedenen Lichtbedingungen rollen. Dabei beobachteten sie, wann und wie oft sie tanzten und ob sie danach ihre Rollrichtung änderten.
In einem der Versuche gaukelten die Wissenschaftler den Käfern etwa auf der Hälfte ihres Weges einen um 180 Grad gedrehten Sonnenstand vor. Dafür schirmten sie die tatsächliche Sonne ab und leiteten das Sonnenlicht über einen Spiegel in die Versuchsarena.
„Wenn sich die scheinbare Position der Sonne änderte, begannen 59 Prozent der Käfer zu tanzen“, berichten die Forscher. Von diesen hätten anschließend knapp 80 Prozent ihre Rollrichtung um 180 Grad geändert. Käfer, die nicht tanzten, behielten dagegen ihre ursprüngliche Bewegungsrichtung unverändert bei.
Neuorientierung mit Hilfe des Tanzens
Drehten die Forscher die gesamte Arena um 180 Grad, kehrten sogar 95 Prozent der Käfer nach ihrem Taz um. Schirmten die Wissenschaftler dabei jedoch die Sonne komplett ab, löste die Drehung bei den meisten Käfern weder Tanz noch Richtungsänderung aus. Das belege, dass die Käfer eine Abweichung von ihrer geraden Linie vor allem über optische Reize registrierten, sagen die Forscher. Die Käfer würden darauf reagieren, indem sie sich mit Hilfe des Tanzens neu orientieren. (PloS ONE, 2012; doi:10.1371/journal.pone.0030211)
(PloS ONE / dapd, 19.01.2012 – NPO)