Bei den Bonobos ist Freundschaft zwischen den Geschlechtern Trumpf: Die ranghöchsten Männchen gewinnen ihre Partnerinnen nicht durch aggressive Werbung und Imponiergehabe, sondern indem sie mit ihnen Freundschaft schließen. Das haben deutsche Forscher bei Beobachtungen dieser Menschenaffen in Gefangenschaft und in Freiheit herausgefunden.
Wie die Wissenschaftler beobachteten, verändern die freundlichen Beziehungen zwischen den Geschlechtern sogar den Hormonhaushalt der ranghohen Männchen: Obwohl sie ihre Position unter ihren Geschlechtsgenossen durch Aggression und Dominanz verteidigen müssen, ist ihr Testosteronspiegel niedriger als der von rangniedrigeren Männchen.
Freundschaft beeinflusst Hormonhaushalt der Bonobo-Männchen
Das sei ungewöhnlich und wahrscheinlich eine Folge der besänftigenden Freundschaft zu den Weibchen. Diese Beziehung beeinflusse offenbar den Hormonhaushalt der Bonobo-Männchen ähnlich, wie man es auch von menschlichen Beziehungen her kenne, berichten die Forscher im Fachmagazin „Animal Behavior“.
Solche hormonellen Einflüsse von Beziehungen kenne man bisher vor allem von Arten, bei denen sich Männchen aktiv an der Aufzucht der Jungen beteiligen oder wo die Geschlechter dauerhafte Paarbindungen eingehen, sagt Erstautor Martin Surbeck vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.
Männchen mit ausgeprägter Rangordnung
Bonobos gehören zu den nächsten Verwandten des Menschen. Wie andere Menschenaffen leben sie in Gruppen mit mehreren Männchen und Weibchen. Unter den Männchen gibt es eine ausgeprägte Rangordnung, in der die aggressivsten und dominantesten Männchen oben stehen.
Bei anderen Tierarten haben ranghohe Männchen in solchen hierarchischen Gruppen auch meist höhere Werte des Geschlechtshormons Testosteron im Blut. Dieser Botenstoff erhöht unter anderem die Aggressivität und sorgt für besonders maskulines Aussehen. Männchen mit diesen Attributen setzen meist auch bei der Konkurrenz um weibliche Partner durch.
Bei den Bonobos kommt aber ein komplizierender Faktor hinzu: Anders als bei anderen Menschenaffenarten sind die Männchen den weiblichen Gruppenmitgliedern nicht generell überlegen. Wie sich jetzt zeigt, führen diese ausgeglichenen Dominanzverhältnisse zwischen den Geschlechtern dazu, dass die Bonobo-Männchen bei der Partnersuche anders vorgehen als andere Menschenaffen.
Mehr Freundschaften und niedrigere Testosteronwerte
In Gegenwart von fruchtbaren Weibchen habe sich die Aggressivität aller Männchen erhöht, berichten die Forscher. Aber nur bei den rangniedrigeren sei parallel dazu auch der Testosteronspiegel angestiegen. „Hochrangige Männchen wiesen dagegen niedrigere Testosteronwerte auf. Sie waren dafür häufiger mit nicht-verwandten Weibchen befreundet“, schreiben Surbeck und seine Kollegen.
Im Gegensatz zu anderen Arten, bei denen die Männer heftig um den Zugang zu Weibchen konkurrieren, habe es damit bei den Bonobos keinen Zusammenhang zwischen Dominanzstatus, Testosteron und Aggression gegeben. (Animal Behavior, 2012; doi: 10.1016/j.anbehav.2011.12.010)
(Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie / Animal Behavior / dapd, 18.01.2012 – NPO)