Geophysiker aus Potsdam haben einen Wirkungsmechanismus nachgewiesen, der die ungleichmäßige Verteilung von starken Erdbeben in der San Andreas-Verwerfung erklären kann. Wie das Wissenschaftsmagazin „Nature“ berichtet, untersuchten sie dazu die elektrische Leitfähigkeit des Gesteins bis in große Tiefen, die eng mit dem Wassergehalt der Gesteine verbunden ist.
{1r}
Aus dem Muster von Leitfähigkeit und seismischer Aktivität zogen die Forscher die Schlussfolgerung, dass Gesteinswässer wie ein Schmiermittel wirken.
1906 sechs Meter Versatz
Jährlich wandert Los Angeles rund sechs Zentimeter auf San Francisco zu, weil die Pazifische Platte, auf der Los Angeles sitzt, sich nach Norden bewegt, parallel zur Nordamerikanischen Platte mit San Francisco. Das jedoch ist nur der Mittelwert.
In einigen Bereichen der Verwerfung ist diese Bewegung fast stetig, während sich andere Bereiche verhaken, um sich dann mit starken Erdbeben ruckartig um mehrere Meter gegeneinander zu verschieben. Beim San Francisco-Erdbeben von 1906 mit einer Magnitude von 7,8 wurde dieser schlagartige Versatz auf sechs Meter berechnet.
San Andreas-Verwerfung: Nahtstelle der Erde
Die San Andreas-Verwerfung wirkt als Nahtstelle der Erde durch die gesamte Erdkruste bis in den Erdmantel hinein. Den Geophysikern vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ ist es gelungen, diese Grenzfläche bis in große Tiefen abzubilden und einen Zusammenhang zwischen Vorgängen in der Tiefe und den Prozessen an der Erdoberfläche herzustellen.
„Im Abbild der elektrischen Leitfähigkeit wird deutlich, dass Gesteinswässer aus Tiefen des oberen Erdmantels, das heißt zwischen 20 und 40 Kilometern bis in oberflächennahe Bereiche des kriechenden Teils der Verwerfung eindringen können, während diese Wässer in den anderen Bereichen von einer undurchlässigen Deckschicht am Aufstieg gehindert werden“, sagt dazu Oliver Ritter vom GFZ. „Wo Fluide aufsteigen können, wird ein Gleiten der Platten begünstigt.“
Fluide wichtig für Entstehung von Erdbeben
Diese Ergebnisse legen nach Angaben der Wissenschaftler nahe, dass es auch in der Tiefe große Unterschiede in den mechanischen und stofflichen Eigenschaften entlang der Störung gibt. So scheinen die sogenannten Tremor-Signale an Bereiche unterhalb der San Andreas-Verwerfung gekoppelt zu sein, in denen die Fluide eingeschlossen sind.
Mit Tremor werden niederfrequente Erschütterungen bezeichnet, die nicht mit Bruchvorgängen einhergehen, wie sie für normale Erdbeben typisch sind. Die Beobachtungen stützen die Annahme, dass Fluide bei der Entstehung von Erdbeben eine wichtige Rolle spielen, so die Geophysiker aus Potsdam. (Nature, 2011; http://dx.doi.org/10.1038/nature10609)
(Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, 01.12.2011 – DLO)