Die Dauerfrostböden der Arktis könnten bis zu fünf Mal mehr Treibhausgase freisetzen als bisher angenommen. In einer neuen Schätzung prognostizieren Forscher, dass diese gefrorenen Böden schneller auftauen werden als es bisherige Modelle vorhersagen. Bis zum Jahr 2100 könnten dadurch bis zu 380 Milliarden Tonnen Kohlenstoff als Kohlendioxid und Methan aus den Böden in die Atmosphäre gelangen. Diese Treibhausgase würden den Klimawandel zukünftig bedeutend verstärken, warnen die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature“.
„Unsere kollektive Schätzung deutet darauf hin, dass der Kohlenstoff schneller und in Mengen freigesetzt wird, die Grund zur Besorgnis geben“, schreiben Edward Schuur von der University of Florida und seine Kollegen vom Permafrost Carbon Research Network. Bis 2011 könnten bereits mehr als die Hälfte der oberen drei Meter Permafrost aufgetaut sein, schätzen die Forscher. „Und wenn diese Böden einmal anfangen zu tauen, werden sie Jahrzehnte und sogar Jahrhunderte lang Treibhausgase freisetzen, ohne dass man viel dagegen tun kann“, warnen sie.
Große Gefahr durch Auftauen des hohen Nordens?
Für die Studie hatten 41 Permafrostforscher anhand ihrer jeweiligen Daten und Erfahrungen abgeschätzt, wie stark sich die Erwärmung auf den Permafrost auswirken wird. Grundlage bildeten dabei die Erwärmungsszenarien des Weltklimarats IPCC.
„Unser Ergebnis unterstreicht das zusätzliche Risiko, das auf unsere Gesellschaft durch das Auftauen des hohen Nordens zukommt“, schreiben die Forscher. Es zeige erneut, dass dringend Maßnahmen ergriffen werden müssten, um den Klimawandel zu bremsen und damit auch das Auftauen der Permafrostböden.
Methan verstärkt Klimawirkung des auftauenden Permafrosts
Nach Schätzung der Forscher wird der auftauende Permafrost im Laufe der nächsten Jahrzehnte etwa so viel Kohlenstoff in Form von Treibhausgasen freisetzen wie die fortschreitende Abholzung der Wälder.
Die Wirkung dieses Prozesses auf das Klima sei aber um 2,5 Mal stärker, warnen Schuur und seine Kollegen. Denn neben Kohlendioxid setzen die arktischen Böden auch mehrere zehn Milliarden Tonnen Methan frei. Dieses hat eine um etwa 30 Mal stärkere Treibhauswirkung als Kohlendioxid. Ähnlich viel Methan sei zuletzt während der raschen Erwärmung nach der letzten Eiszeit aus diesen Böden in die Atmosphäre gelangt.
Mikrobentätigkeit setzt Treibhausgase frei
Der das ganze Jahr hindurch gefrorene Permafrostboden erstreckt sich über rund 18,8 Millionen Quadratkilometer des hohen Nordens. Er konserviert vor allem in seinen obersten Schichten Pflanzen- und Tierreste, die einst im Laufe von Tausenden von Jahren abgelagert wurden. Tauen diese Schichten, bauen Mikroben diese Relikte ab und setzen dabei die Treibhausgase Kohlendioxid (CO2) und Methan frei.
Forscher schätzen, dass die gefrorenen Böden des hohen Nordens rund 1.700 Milliarden Tonnen Kohlenstoff speichern. Das ist vier Mal mehr als aller Kohlenstoff, den die Menschheit durch ihre Aktivitäten freigesetzt hat und doppelt so viel, wie zurzeit in der Atmosphäre der Erde enthalten ist. Wird dieser Kohlenstoff frei, könnte er den Klimawandel weiter verstärken. Wie schnell die Permafrostböden aber auftauen und wie viel Treibhausgase dabei freiwerden könnten, ist bisher strittig. (Nature, 2011; Vol.480; pp.32-33)
Informationen zum Weltklimagipfel in Durban finden Sie in unserem Special.
(Nature / dapd, 01.12.2011 – NPO)