Biologie

Flügelfarbe von Urzeit-Schmetterlingen rekonstruiert

Falter nutzten bereits komplexe Nanostrukturen um sich zu tarnen

Rekonstruktion der ursprünglichen Färbung eines 47 Millionen Jahre alten Schmetterlings-Fossils, das in der Grube Messel bei Frankfurt gefunden worden war. © McNamara et al. / PloS Biology

Schon vor 47 Millionen Jahren erzeugten Schmetterlinge ihre buntschimmernden Flügelmuster nicht mit Farbstoffen, sondern über Nanostrukturen. Das zeigen gut erhaltene Schmetterlingsfossilien aus der Grube Messel bei Frankfurt. „Es handelt sich dabei um das früheste Beispiel für solche sogenannten Strukturfarben bei Schmetterlingen“, berichtet ein internationales Forscherteam im Fachmagazin „PloS Biology“. Es zeige, dass die Insekten bereits im mittleren Eozän komplexe optische Mechanismen entwickelt hatten.

Strukturfarben rufen das typische Schimmern und Irisieren hervor, dass viele Käfer, Schmetterlinge und auch einige Vogelfedern heute zeigen. Meist dienen diese Farben als Signale, an denen sich Artgenossen erkennen oder die Feinde abschrecken sollen. Wissenschaftlern liefern solche Farben daher auch wertvolle Informationen über die Lebensweise heutiger und fossiler Tiere.

Weil die fragilen Strukturen der Flügelschuppen bei fossilen Schmetterlingen jedoch nur selten erhalten bleiben, habe es zuvor keine Belege für die Existenz solcher Strukturfarben bei urzeitlichen Faltern gegeben, sagen die Forscher. Erst jetzt hätten es Fossilien mit gut erhaltenen Details der Flügelschuppen erlaubt, die Originalfarben der Flügel für einen fossilen Falter zu rekonstruieren.

Färbung mit Doppelfunktion

Die Relikte stammten von einem urzeitlichen Verwandten der heutigen Widderchen – eher kleineren, oft metallisch-grünlich glänzenden Schmetterlingen. Obwohl das Fossil auf den ersten Blick eher bläulich erscheine, habe der Schmetterling zu seinen Lebzeiten gelblich-grüne Flügeloberseiten gehabt.

„Diese Färbung hatte wahrscheinlich gleich zwei Funktionen: Einerseits tarnte sie die Falter, wenn sie in Ruhe auf einem Blatt saßen“, schreiben die Forscher. Andererseits waren die Tiere deutlich zu erkennen, wenn sie auf einer bunten Blüte Nektar tranken. Vögeln und andere Fressfeinden habe diese Farbe signalisiert, dass die Schmetterlinge ungenießbar und giftig waren. Eine solche doppelt nützliche Färbung kenne man auch von vielen heutigen Widderchen-Arten.

Flügelschüppchen aus gestapelten Proteinen

Entscheidend für die Strukturfarben der Schmetterlingsflügel sind Hunderttausende von winzigen, übereinanderlappenden Flügelschuppen. Sie sind von Rippen und anderen Nanostrukturen überzogen und bestehen aus zahlreichen übereinandergestapelten Proteinschichten, zwischen denen sich jeweils Luft befindet.

Die Nanostruktur der Schuppen reflektiert die verschiedenen Anteile des einfallenden Lichts unterschiedlich. Dadurch erscheinen die Schuppen farbig. Bei vielen Strukturfarben verändert sich dieser Farbeindruck zudem je nach Blickrichtung: mal erscheint der Flügel blau, dann wieder grünlich oder unauffällig braun.

Im Falle der fossilen Schmetterlinge unterdrückten zusätzliche Nanostrukturen dieses Irisieren jedoch. „Die Falter wollten offenbar aus allen Richtungen gleich aussehen – sie zielten nicht auf auffallendes Schimmern ab“, sagt Erstautorin Maria McNamara von der Yale University in New Haven.

Elektronenmikroskop und Reflexionstest

Für die Rekonstruktion analysierten die Forscher zunächst den Aufbau der Flügelschuppen und ihrer Nanostrukturen mittels Elektronenmikroskopie. Außerdem testeten sie, welche Wellenlängen des Lichts die Schuppen in verschiedenen Medien – Glycerin, Alkohol oder Luft – reflektierten. Aus diesen Daten erstellten die Wissenschaftler ein Computermodell, mit dem sich die genauen optischen Eigenschaften der Strukturen reproduzieren ließen. (PloS Biology, 2011; doi:10.1371/journal.pbio.1001200)

(PloS Biology / dapd, 17.11.2011 – NPO)

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