Durch die Überdüngung von Flüssen und Küstengewässern verstärkt der Mensch die Versauerung der Ozeane. Die über Landwirtschaft und Abwässer eingespülten Nährstoffe verringern die Fähigkeit des Ozeans, Säuren zu neutralisieren. Das berichtet ein internationales Forscherteam im Fachmagazin „Nature Geoscience“. Die vor allem durch den Klimawandel verursachte Versauerung werde dadurch drastisch verstärkt.
Zwischen Ozean und Atmosphäre findet ein stetiger Austausch von Gasen statt. Je mehr Kohlendioxid in der Luft enthalten ist, desto mehr CO2 löst sich im Meerwasser. Dort wird das gelöste Gas zum Teil in Kohlensäure umgewandelt, eine schwache Säure, die in größeren Mengen zur Versauerung des Wassers führt. Klimaforscher sehen in diesem Prozess eine der negativen Hauptfolgen des Klimawandels für die Weltmeere.
Dieser Prozess werde durch nährstoffreiches Wasser verstärkt, berichten die Forscher. Das über die Flüsse eingeschwemmte Material setze zusätzliches CO2 frei und trage mehr zur Versauerung des Wassers bei als bisher angenommen. Cai und seine Kollegen ermittelten eine um das mehr als Vierfache stärkere Versauerung der Küstengebiete gegenüber vorindustrieller Zeit als bislang vermutet.
Akute Folgen für die Ökosysteme der Küsten
„Wenn wir die Überdüngung nicht stark reduzieren, wird dies zukünftig in den Küstengebieten der Meere akute Folgen haben“, prognostizieren die Wissenschaftler. Es könnten dadurch Bedingungen entstehen, unter denen Korallen und andere Meeresbewohner mit Kalkskelett nicht mehr wachsen. Denn in dem sauren Wasser lösen sich die Karbonatverbindungen auf, die diese Meeresbewohner als Baustoff für ihre Skelette benötigen.
Schon jetzt lasse sich in einigen Mündungsgebieten großer Flüsse eine verstärkte Versauerung feststellen. „Diese hochproduktiven Ökosysteme, von denen auch die Fischerei abhängt, sind daher besonders von den negativen Effekten der Meeresversauerung bedroht“, sagen Wei-Jun Cai von der University of Georgia in Athens und seine Kollegen.
Golf von Mexiko und südchinesisches Meer als Modellfall
Für ihre Studie hatten die Forscher das Mündungsgebiet des Mississippi im Golf von Mexiko und des Jangtsekiang im südchinesischen Meer untersucht. Sie analysierten, welchen Einfluss der Nährstoffgehalt des Wassers auf die biologischen und chemischen Prozesse hat, die das Wasser saurer machen.
Über eine Computersimulation errechneten die Forscher, dass der pH-Wert des Meerwassers in den Küstengebieten bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um fast eine Einheit sinken könnte. Dies entspricht einer zehnfachen Zunahme des Säuregrads. Dabei gingen sie von gleichbleibender Überdüngung und einer mehr als Verdopplung der heutigen CO2-Gehalte der Atmosphäre aus. (Nature Geoscience, 2011; DOI:10.1038/ngeo1297)
(Nature Geoscience, 24.10.2011 – NPO)