Neurobiologie

Gehirnwachstum von Frühgeborenen verrät spätere Intelligenz

Zusammenhang zwischen kleinerer Großhirnrinde und geistigen Leistungen als Sechsjährige

Am Gehirn von Frühgeborenen lässt sich möglicherweise bereits vorhersagen, wie gut ein Kind später denken, lernen und sprechen wird. Das berichten britische Forscher im Fachmagazin „Neurology“. „Die Phase unmittelbar vor Ende der Schwangerschaft ist kritisch für die Gehirnentwicklung“, sagt Hauptautor David Edwards vom Imperial College London. In dieser Zeit wachse vor allem die Großhirnrinde, der für das Denken und Bewusstsein wichtige Bereich des Gehirns. Jetzt habe man festgestellt, dass es entscheidend sei, ob ein Frühgeborenes es schaffe, diese wichtige Wachstumsphase auch außerhalb des Mutterleibs nachzuholen.

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Für ihre Studie hatten die Forscher 82 Frühgeborene vom Zeitpunkt ihrer Geburt bis zum Alter von sechs Jahren begleitet. Von der Geburt bis zum eigentlich normalen Geburtstermin, maßen sie bei diesen Kindern mittels bildgebendem Verfahren regelmäßig die Größe der Großhirnrinde. Zwei und sechs Jahre später testeten die Wissenschaftler die geistigen Leistungen der Kinder mit Hilfe mehrerer gängiger Tests.

Zu frühe Geburt reduziert Gehirnwachstum

„Die mit der Großhirnrinden-Größe zusammenhängenden Unterschiede in den geistigen Fähigkeiten waren groß, konsistent und spezifisch“, sagen die Forscher. War die Großhirnrinde der Frühchen in der 44. Woche fünf bis elf Prozent kleiner als die von normal geborenen Säuglingen, dann schnitten die Kinder mit sechs Jahren in den Tests um eine Stufe schlechter ab.

„Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine zu frühe Geburt sowohl das Wachstum des Gehirns als auch die geistigen Fähigkeiten reduzieren kann“, sagen Edwards und seine Kollegen. Welche Einflussfaktoren dafür im Einzelnen verantwortlich seien, müsse nun in weiteren Studien noch näher untersucht werden.

Großhirnrinde als Sitz der Intelligenz

Die Großhirnrinde bildet die äußere Schicht des Gehirns. In ihr liegen die Zentren für die Verarbeitung von Sinneseindrücken und für die Steuerung bewusster Bewegungen. Sie gilt auch als Sitz des Gedächtnisses und des Bewusstseins.

Aus vergleichenden Studien an verschiedenen Tierarten schließen viele Wissenschaftler heute, dass nicht das Volumen, sondern die Komplexität und die Struktur der Großhirnrinde für die geistigen Fähigkeiten ausschlaggebend sein könnten. Für ihre Studie maßen die Forscher daher die Ausdehnung der Oberfläche dieses Gehirnbereichs. Zu Vergleichszwecken ermittelten sie aber auch das Volumen des Gehirns.

Zusammenhang nur mit Oberfläche

In der Studie habe man keinen Zusammenhang zwischen dem gesamten Hirnvolumen der Frühgeborenen und ihren späteren geistigen Leistungen festgestellt, sagen die Forscher. Ein solcher Zusammenhang zeigte sich nur für die Oberflächengröße der Großhirnrinde.

„Diese Ergebnisse zeigen, dass wir uns auf das Wachstum spezifischer Regionen des Gehirns konzentrieren sollten, wenn wir potenzielle Probleme bei Kindern verstehen oder diagnostizieren wollen“, sagt Edwards. (Neurology, 2011)

(Neurology / dapd, 13.10.2011 – NPO)

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