Astronomie

Krebsnebel überrascht Forscher

Messwerte sind mit gängiger Theorie nicht erklärbar

Aufnahme des Krebsnebels vom Hubble-Weltraumteleskop, darüber gezeichnet der Leuchtturm-ähnliche Strahl des zentralen Neutronensterns. © David A. Aguilar (CfA) / NASA / ESA

Astronomen haben energiereiche Strahlungspulse aus dem Herzen des Krebsnebels eingefangen, die es eigentlich nicht geben dürfte. Der dort liegende Neutronenstern sende Gammastrahlen aus, die um Größenordnungen über den nach gängiger Theorie erklärbaren Intensitäten liegen, berichtet das internationale Forscherteam im Fachmagazin „Science“. Gemessen wurde die Strahlung mit Hilfe des aus vier Teleskopen bestehenden Very Energetic Radiation Imaging Telecope Array (VERITAS) in Arizona.

„Nach vielen Jahren der Beobachtungen des Krebsnebels dachten wir, dass wir verstehen, wie er funktioniert“, sagt David Williams von der University of California in Santa Cruz, einer der Autoren. Man sei davon ausgegangen, dass der zentrale Neutronenstern oberhalb einer Energie von zehn Gigaelektronenvolt kaum mehr Strahlung abgebe. Jetzt aber habe man gepulste Gammastrahlen registriert, deren Energie 100 bis 400 Gigaelektronenvolt erreiche. Das sei fast eine Billion Mal mehr als bei einem Photon des sichtbaren Lichts.

Wie entsteht die extrem energiereiche Gammastrahlung?

Die pulsierende Strahlung eines Neutronensterns entsteht nach gängiger Theorie, wenn geladene Teilchen in dem starken Magnetfeld des rotierenden Sterns beschleunigt werden. Zum genauen Mechanismus dieser Beschleunigung gibt es zurzeit noch mehrere Hypothesen.

Man müsse nun schauen, ob sich die Theorie den neuen Beobachtungen anpassen lasse, konstatieren die Wissenschaftler der VERITAS-Kollaboration. Hier sei weitere Forschung nötig. „Wir müssen nun noch mehr Messungen durchführen und die genaue Form des Spektrums dieser energiereichen Strahlung ermitteln“, sagt Williams. Erst dann könne man klären, wie genau diese extrem energiereiche Gammastrahlung entstehe.

Supernova ließ Krebsnebel-Pulsar entstehen

Der rund 6.500 Lichtjahre von der Erde entfernte Krebsnebel entstand vor gut 7.200 Jahren durch eine Supernova-Explosion. Dabei schleuderte ein sterbender Stern seine äußeren Hüllen ins All und kollabierte zu einem extrem dichten, aber nur rund 30 Kilometer großen Neutronenstern. Dieser sendet starke Strahlung im Radio-, Röntgen- und Gammastrahlenbereich aus.

Weil sich der Neutronenstern mitsamt seines starken Magnetfelds extrem schnell dreht, rotiert auch sein Strahlenkegel wie der Schein eines Leuchtturms durch das Weltall. Die Erde wird periodisch von diesem Strahl getroffen, so dass ein scheinbar gepulstes Signal entsteht. Eine solche Strahlenquelle wird daher auch oft als Pulsar bezeichnet.

Den zwei gängigsten Szenarien nach könnte die Gammastrahlung eines solchen Pulsars entweder nahe den Polkappen des Neutronensterns oder aber in einigen Bereichen seiner äußeren Magnethülle gebildet werden. Für sich genommen könne keines dieser Modelle die gesamte vom Neutronenstern abgegebene Strahlung erklären, sagen die Forscher. Noch sei man aber nicht an einem Punkt, an dem man eines der Szenarien ausschließen könne.

Indirekte Messung über Sekundärstrahlung

Da Gammastrahlung von der Erdatmosphäre abgefangen wird, erfolgte die Messung indirekt: Die vier Zwölf-Meter-Teleskope des VERITAS-Array in Arizona fingen die schwachen Lichtsignale auf, die bei der Kollision von Gammastrahlen mit Teilchen der Atmosphäre entstehen. Die Astronomen beobachteten diese durch die Gammastrahlen des Krebsnebels erzeugte Sekundärstrahlung mit diesem Array insgesamt 107 Stunden lang über vier Jahre hinweg.

Man sei sich absolut sicher, dass die aus dem Krebsnebel aufgefangenen Gammastrahlen von dem bereits bekannten zentralen Neutronenstern stammen, sagen die Forscher. Sie hätten exakt den gleichen Takt wie die aus der gleichen Quelle stammende Radio- und Röntgenstrahlung.

(University of California / dapd, 07.10.2011 – NPO)

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