Der Klimawandel könnte in den nächsten 60 Jahren zu einem deutlichen Anstieg ozonbedingter Todesfälle in einigen Ländern Europas führen. Das berichtet ein internationales Forscherteam jetzt bei der Jahrestagung der European Respiratory Society (ERS) in Amsterdam. Vor allem in Mittel- und Westeuropa drohe eine Zunahme des Sommersmogs und damit auch der von diesem verursachten Atemwegserkrankungen.
Bodennahes Ozon, auch als Sommersmog bezeichnet, entsteht aus Vorläufersubstanzen wie Stickoxiden und gasförmigen Kohlenwasserstoffen. Diese werden vor alle durch den Verkehr, Heizungen, aber auch durch die Industrie erzeugt. Diese Abgase werden durch die UV-Strahlung der Sonne zersetzt und reagieren unter anderem zu dem aus drei Sauerstoffatomen bestehenden Ozon. „Ozon ist ein hochreaktiver Schadstoff, der in Verbindung steht mit schweren Atemwegserkrankungen und Todesfällen“, sagt Hans Orru von der schwedischen Universität von Umea, einer der Autoren der Studie. Werde das Ozon eingeatmet, wirke es reizend auf die Atemwege und könne Entzündungen und Lungenfunktionsstörungen hervorrufen.
Für ihre Studie hatten die Forscher auf Basis zweier unterschiedlicher Emissionsszenarien und zweier Klimamodelle simuliert, wie sich der Klimawandel auf Konzentrationen bodennahen Ozons auswirkt. Sie vollzogen mit den Modellen die vergangene Entwicklung der Jahre 1961 bis 1990 und 1990 bis 2009 nach. Außerdem simulierten die Forscher die Ozonentwicklung der nahen Zukunft bis 2050 und der ferneren Zukunft von 2041 bis 2060. Parallel dazu ermittelten sie, wie sich die Ozonkonzentrationen auf Erkrankungen und Todesfälle auswirkten.
Westeuropa besonders betroffen
Der größte Zuwachs ozonbedingter Todesfälle seit 1961 habe sich bei Belgien, Irland, den Niederlanden und Großbritannien gezeigt, sagen die Forscher. Vor allem der Westen und Südwesten Europas werde auch in Zukunft verstärkt von steigenden Ozonwerten betroffen sein. Man erwarte die mit 10 bis 14 Prozent größte Zunahme an Todesfällen in Belgien, Frankreich, Spanien und Portugal, sagen die Wissenschaftler. In den skandinavischen und baltischen Ländern sei dagegen mit einer Abnahme des Ozons und der dadurch bedingten Erkrankungen zu rechnen.
„Die Verschmutzung der Außenluft ist die größte Umweltgefahr in Europa. Wenn wir nicht handeln, um die Konzentrationen von Ozon und anderen Schadstoffen zu reduzieren, werden wir mehr Krankenhauseinweisungen, mehr Bedarf an Medikamenten und Millionen verlorener Arbeitstage erleben“, sagt Marc Decramer, Präsident der European Respiratory Society (ERS). Ein kollaborativer Ansatz von Gesundheitsexperten und Politik sei nötig, um die betroffene Bevölkerung vor den schädigenden Auswirkungen der Luftschadstoffe zu schützen.
(European Respiratory Society (ERS), 28.09.2011 – NPO)