Jeder vierte Mensch wird im Laufe seines Lebens die schwere, unheilbare Lungenkrankheit COPD entwickeln. Das haben kanadische Forscher in einer ersten umfassenden Risikoabschätzung für diese Erkrankung herausgefunden. Das Erkrankungsrisiko ähnele damit dem von Diabetes und Asthma und sei dreimal so hoch wie das eines Herzinfarkts, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „The Lancet“.
Die durch Rauchen oder Umweltschadstoffe ausgelöste Lungenerkrankung ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO heute die vierthäufigste Todesursache weltweit. „Obwohl COPD eine der tödlichsten, häufigsten und teuersten chronischen Krankheiten weltweit ist, gab es bisher keine Zahlen darüber, wie hoch das Erkrankungsrisiko in der breiten Bevölkerung ist“, sagen die Wissenschaftler.
Gesundheitsdaten von 13 Millionen Kanadiern ausgewertet
Für ihre Studie werteten die Forscher die Gesundheitsdaten von 13 Millionen Einwohnern der kanadischen Provinz Ontario aus. Dabei habe sich gezeigt, dass eine heute 35-jährige Frau im Laufe ihres Lebens mit dreifach höherer Wahrscheinlichkeit an COPD erkranken werde als an Brustkrebs, berichten Erstautorin Andrea Gershon von der University of Toronto und ihre Kollegen. Bei Männern liege das Risiko ebenfalls dreifach höher als für Prostatakrebs.
„Trotzdem scheint die breite Öffentlichkeit noch immer kaum etwas über COPD und seine gesundheitliche Bedeutung zu wissen“, sagen die Forscher. Sie hoffen, dass ihre neuen Erkenntnisse nun mehr Aufmerksamkeit für diese Krankheit wecken. Sie könnten aber auch dazu beitragen, künftig mehr finanzielle Förderung sowohl für die Behandlung und Betreuung der Betroffenen, als auch für die weitere Forschung zu erhalten, hoffen die Wissenschaftler.
Mehr als nur „Raucherlunge“
Lange Zeit als „Raucherlunge“ abgetan, gilt die chronisch obstruktive Lungenkrankheit COPD heute als eine der schwerwiegendsten Krankheiten weltweit. 8 bis 20 Prozent aller über 40-jährigen sind laut WHO bereits davon betroffen. Bis zum Jahr 2030 könne COPD sogar zur dritthäufigsten Todesursache nach Herzkrankheiten und Schlaganfällen werden, heißt es. Sie sei schon jetzt eine der führenden Ursachen für Krankenhausaufenthalte und habe einen großen Anteil an den Kosten der nationalen Gesundheitssysteme.
Hauptsymptome der COPD sind Auswurf, Husten und Atemnot. Wird das Fortschreiten der Krankheit nicht gebremst, können schwere Entzündungen und Veränderungen an den Lungenbläschen zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff und letztlich zum Tode führen. Heilbar ist COPD bisher nicht.
Krankheitsgeschichte über 14 Jahre verfolgt
Gershon und ihre Kollegen analysierten Gesundheitsdaten von 13 Millionen Menschen im Alter zwischen 35 und 80 Jahren, die von der der staatlichen Krankenversicherung der kanadischen Provinz Ontario erfasst waren. Beginnend mit dem Jahr 1996 untersuchten die Forscher, wie viele Personen in den folgenden 14 Jahren COPD bekamen, aber auch, welche anderen Krankheiten im Untersuchungszeitraum auftraten. Aus der Häufigkeit, mit der COPD in verschiedenen Altersklassen neu auftrat, ermittelten die Forscher das Risiko für eine Person, im Laufe ihres Lebens diese Krankheit zu bekommen.
Die Wissenschaftler kamen auf ein Gesamtrisiko für COPD von 27,6 Prozent, das entspricht mehr als einem Viertel aller Personen. Männer seien dabei etwas stärker betroffen als Frauen, sagen die Forscher. Zudem steige Risiko exponentiell mit dem Alter. Als weitere, die Krankheit fördernde Faktoren hätten sich ein niedriger sozio-ökonomischer Status und das Leben in der Stadt erwiesen. (Lancet 2011; 378: 991–96)
(Lancet / dapd, 09.09.2011 – NPO)