Forscher haben herausgefunden, wie sich tropische Korallen vor der Sonne schützen. Dieses Rezept wollen sie nun als Vorlage für neuartige Sonnenschutzmittel nutzen. „Wir wussten bereits, dass Korallen und einige Algen sich gegen die intensive UV-Strahlung in den Tropen mit einem selbsterzeugten Sonnenschutzmittel schützen. Aber bis jetzt wussten wir nicht, wie sie dies tun“, sagt Studienleiter Paul Long vom King’s College London. Jetzt sei es gelungen, einige der genetischen und biochemischen Prozesse nachzuvollziehen, mit denen dieser Sonnenschutz produziert werde.
Tropische Korallen beherbergen einzellige Algen in ihren Körpern. Die Algen erzeugen mit Hilfe der Photosynthese nährstoffreiche Verbindungen, von denen auch die Koralle lebt. Damit die Algen ausreichend Licht für die Photosynthese erhalten, liegen die Korallenriffe meist knapp unter der Wasseroberfläche. Weil die abschirmende Wasserschicht dort nur dünn ist, erreicht noch relativ viel UV-Strahlung die Korallen. Deshalb produziere sie eine chemische Verbindung, die sowohl Koralle als auch Alge vor zu viel UV-Strahlung schütze, erklären die Forscher.
Sonnenschutz als Gemeinschaftswerk beider Symbiosepartner
Eine Schlüsselrolle komme dabei der Symbiose zwischen Korallen und Algen zu. „Die Algen erzeugen eine chemische Verbindung, die sie an die Koralle weitergeben“, berichten die Forscher. Diese wandele die Substanz um und mache daraus eine gegen die Sonne schützende Chemikalie. Dass dieser Sonnenschutz auch auf andere Lebewesen übertragbar sei, habe man bereits in der Natur beobachtet: „Wir haben gesehen, dass Fische, die diese Korallen fressen, auch von diesem Sonnenschutz profitieren“, sagt Long. Er werde demnach eindeutig über die Nahrungskette weitergegeben.
Erste Tests des Sonnenschutzmittels innerhalb von zwei Jahren
„Wir sind bereits sehr nahe dran, diese Verbindung im Labor nachbauen zu können“, sagt der Forscher. Wenn alles gut gehe, erwarte man die ersten Tests des neuen Sonnenschutzmittels bereits innerhalb der nächsten zwei Jahre. Als Tablette eingenommen, könne es dann den Menschen möglicherweise ähnlich effektiv vor zu viel UV-Licht schützen wie die Korallen. Gemeinsam mit Kollegen aus den USA und aus Australien wollen die Forscher dieses Projekt nun weiter verfolgen.
Korallen-Sonnenschutz auch für Pflanzen nutzbar
Die Forscher sehen auch Möglichkeiten, das neu entdeckte Sonnenschutz-Rezept in der Landwirtschaft einzusetzen. Man könne ertragreichen, aber sonnenempfindlichen Pflanzensorten gentechnisch die Fähigkeit verleihen, diesen Wirkstoff zu produzieren. Möglich sei dies, weil der von den Algen ausgeführte Teil des Sonnenschutzmittel-Produktionsweges auch bei Pflanzen existiere. „Dieser sogenannte Shikimisäure-Stoffwechselweg findet sich nur in Mikroben und Pflanzen“, sagt Long. Tiere besitzen ihn nicht.
Man müsse daher nur noch den von den Korallen übernommenen Schritt gentechnisch in die Pflanzen einbauen. „Dann könnten wir den natürlicherweise vorhandenen Shikimisäureweg nutzen, um die Pflanzen ein natürliches Sonnenschutzmittel produzieren zu lassen“, sagt der Forscher. Vor allem in Ländern der Dritten Welt könnte dies den Anbau nährstoffreicher, nachhaltiger Nahrungsmittel ermöglichen.
(King’s College London, 01.09.2011 – NPO)